Der Bund der Familien (Die Falkenbach-Saga) by Ellin Carsta

Der Bund der Familien (Die Falkenbach-Saga) by Ellin Carsta

Autor:Ellin Carsta [Carsta, Ellin]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Tinte & Feder
veröffentlicht: 2021-06-21T22:00:00+00:00


12. Kapitel

Ihr Fell mag glänzen, und sie mögen die listigsten Ratten sein, die es je gegeben hat. Doch am Ende sind Ratten eben doch nur Ratten. Und die gehören erschlagen.

Karl Langenmüller

»Warum haben Sie erst jetzt die Behörden informiert, Frau Brandl? Sie hätten sich viel früher melden müssen«, empörte sich Gauleiter Langenmüller und durchschritt mit schweren Schritten die Kammer. Hätte er schon am Morgen die Nachricht erhalten, dass der Vermisste hier gewohnt haben könnte, hätte er sich das Versenken des Kalbs im See womöglich sparen können.

»Ich wusste doch nicht, dass etwas geschehen war«, versuchte sich die Witwe zu verteidigen. »Das Zimmer war bis Ende des Jahres vollständig bezahlt, und der Herr hat mir damals, bei seinem Einzug, mitgeteilt, dass er großen Wert auf seine Privatsphäre legt. Ich durfte nicht mal zum Saubermachen in das Zimmer, und er wollte auch nicht, dass ich ihm das Bett aufschlage. Und gegessen hat er auch nie bei mir. Wie sollte ich denn da ahnen, dass etwas nicht stimmte?«

»Sie wissen also nicht mal, wie lange ihr Mieter schon nicht mehr hier war, nein?«

»Nein. Das habe ich den Männern von der Sicherheitspolizei ja schon gesagt.«

»Auch wenn Sie ihn schon seit mehreren Wochen nicht mehr gesehen haben, kam Ihnen das Ganze nicht eigenartig vor?«

Sie schüttelte energisch den Kopf. »Er hat gesagt, dass es keinen Grund gibt, das Zimmer zu betreten. Und daran habe ich mich gehalten.«

»Gute Frau, Sie wollen mir also weismachen, dass Sie nicht Ihren eigenen Schlüssel genommen und gelegentlich mal nachgesehen haben?« Langenmüller zog zweifelnd die Augenbrauen hoch.

»Nein, nein und nochmals nein«, entrüstete sie sich jetzt. »Ich bin eine anständige Frau, und die Leute, die sich bei mir einmieten, können sich auf meine Diskretion verlassen.«

»Na schön, ganz wie Sie meinen. Und weshalb haben Sie dann doch die Behörden informiert?«

»Na, weil Januar ist. Er hat bis Ende des Jahres gezahlt, aber länger nicht. Also war ich in letzter Zeit immer mal wieder hier und habe geklopft, doch er hat nie aufgemacht. Und gestern dann habe ich mit meinem eigenen Schlüssel geöffnet und gesehen, dass überall Staub liegt und er offenbar schon eine ganze Weile nicht mehr hier war. Na ja, und da ist mir der Tote aus dem See eingefallen. Aber ob das wirklich mein Mieter ist, das weiß ich natürlich nicht.«

»Die Kollegen von der Sicherheitspolizei sagten, dass Ihre Beschreibung, was die Statur des Mannes anging, auf ihn passen könnte«, stellte der Gauleiter fest. »Gibt es sonst irgendetwas Besonderes, das Ihnen an ihm aufgefallen ist und das uns helfen könnte?«

»Ich kann mir ja Ihren Toten mal ansehen, wenn Sie möchten. Also, ich meine, Sie werden ja wahrscheinlich ein Foto von ihm gemacht haben, bevor Sie ihn beerdigt haben.«

»Glauben Sie mir, gute Frau, anhand des Fotos können Sie ihn nicht identifizieren.« Langenmüller sah das Bild der Leiche noch immer vor sich. Nicht nur, dass der Körper durch wochen- oder gar monatelanges Verweilen im See aufgeschwemmt gewesen war und seine Haut nur noch aus einer gallertartigen Schicht bestanden hatte. Außerdem hatten sich Fische an dem Körper gütlich getan, sodass vom Gesicht nur noch die leeren Augenhöhlen und einige Fetzen farbloses Fleisch existierten.



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