Der Blutrichter by Hans G. Stelling

Der Blutrichter by Hans G. Stelling

Autor:Hans G. Stelling
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: DTV Deutscher


Nie zuvor hatte Wilham von Cronen sich derartig gedemütigt gefühlt wie an diesem Tag. Schon lange hatte er Widerstand von Seiten Jacob Lubbes gespürt, doch war dieser nicht ein einziges Mal so offen aufgetreten wie an diesem Tag.

Er schäumte vor Wut. Sein Rückzug vom Grasbrook in sein Haus glich einer Flucht. Da er sich ständig beobachtet fühlte und glaubte, Berichte würden bereits die Runde machen, während er nach Hamburg zurückkehrte, versuchte er sich zu beherrschen. Mit versteinertem Gesicht saß er auf dem Rücken seines Pferdes, begleitet von vier Dienern, bis er den Hof erreichte, der hinter seinem Haus lag und von der Gasse aus nicht zu sehen war. Hier schwang er sich aus dem Sattel und schleuderte seine Reitgerte wutentbrannt gegen eine Wand. Einen Knecht, der ihm das Pferd abnehmen wollte, stieß er zur Seite, um dann ins Haus zu stürmen. Alles in ihm schrie nach Rache.

»Das ist unverzeihlich«, rief er, als er den Salon betrat, wo er seinen Sohn vorfand. Christoph war ebenfalls auf dem Grasbrook gewesen, hatte diesen früh wieder verlassen und war lange vor seinem Vater zu Hause angekommen. Er wusste, was geschehen war. »Die Ratsherren haben sich eine Blöße gegeben, die sich bitter rächen wird. Allein um unsere Macht über das Volk zu wahren, hätten wir vom Diek hinrichten müssen. Unschuldig oder nicht. Im Namen der Ordnung hätte es sein müssen.«

Er befahl einer Bediensteten, ihm einen Krug Bier zu bringen. Erst als er ein wenig von dem Gerstensaft getrunken hatte, beruhigte er sich.

»Ich bringe vom Diek um. Darauf kannst du dich verlassen. Früher oder später fällt sein Kopf. Ich gebe nicht eher Ruhe, als bis es so weit ist.«

»Warum, Vater?«, fragte der stutzerhafte Sohn, der elegant gekleidet und gelassen in einem bequemen Sessel saß und mit den goldenen Ringen an seinen Fingern spielte. In seinem weichen Gesicht fehlten die Konturen, die Runen und kleinen Fältchen, die das Leben bei den meisten Männern seines Alters gezeichnet hatte.

»Was ist eigentlich in Itzehoe geschehen, als ihr Hinrik vom Diek Haus und Hof abgenommen habt? Wozu das alles?«

»Hast du vergessen, was mit deinem Fuß passiert ist?«

»Das kann nicht alles sein. Was war da noch?«

»Das erfährst du früh genug«, wich von Cronen aus.

»Ich will es aber wissen.« Christoph befeuchtete sich die Fingerspitzen und blies sanft dagegen, während er sie vor den Lippen hin und her schwenkte. »Du hast meine Stiefmutter vergiftet. Nun gut. Das hätte ich auch irgendwann getan. Sie war unerträglich. Aber Hans Barg hat dir geholfen, und Greetje hat den Tee gebracht. Wenn sie nicht ganz und gar dämlich ist, weiß sie Bescheid.«

»Das ist anzunehmen«, gab Wilham von Cronen zu. »Aber bilde dir nicht ein, dass du mich damit noch einmal unter Druck setzen kannst. Du weißt davon und hättest längst etwas sagen müssen, um das Ende dieser Geschichte zu verhindern. Du hast es nicht getan, und das macht dich zum Mittäter.«

»Zählen wir doch mal eins und eins zusammen.« Christoph blieb unbeeindruckt. Er war skrupellos wie sein Vater, konnte ihm jedoch nicht das Wasser reichen. »Sie setzt sich für Ritter Hinrik ein.



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