Deep Web by anonymus

Deep Web by anonymus

Autor:anonymus
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Aufbau Digital
veröffentlicht: 2014-10-15T00:00:00+00:00


GUTER RAT VON EINER RAUPE

Wie Staat und Staatsanwälte mit Anonymität umgehen

Als Alice die Teegesellschaft verlässt, ist sie verwirrt. Hase und Hutmacher sind überaus freundlich gewesen und haben Tee ausgeschenkt. Sie haben sogar Nicht-Geburtstag gefeiert – und das, obwohl Alice nicht einmal gewusst hatte, überhaupt Nicht-Geburtstag zu haben!

Trotzdem blieb da ein Gefühl. Und eine Frage. War die Nettigkeit nur vorgetäuscht? Haben sie sie austricksen wollen, gehofft, sie würde naiv genug sein? War sie naiv genug?

So fühlte ich mich nach meinem Besuch beim LKA. Warum haben die das Tor-Netzwerk nicht verteufelt, sondern sogar in Schutz genommen? War es Taktik?

Auch die Hacker, mit denen ich darüber spreche, öffnen ungläubig die Augen, sind überrascht. So grundsätzlich Argumente dafür zu hören, von Beamten, sagen sie, das haben sie kaum erwartet. Genauso wenig wie ich.

Seit Snowdens Enthüllungen ist bekannt, dass die NSA Tor als eine Bedrohung wahrnimmt. Zwar hat der amerikanische Geheimdienst die Entwicklung von immer besser verschleierten Tor-Verbindungen auch mitfinanziert, um so zum Beispiel Regimegegner in Syrien zu unterstützen und dem Militär und der Marine abhörsichere Kommunikation zu ermöglichen. Gleichzeitig soll die NSA versucht haben, exit nodes von Tor unter Kontrolle zu bringen. Das geht aus internen Unterlagen hervor, die der Ex-Geheimdienstmitarbeiter geleakt hat.

Für taktische Gründe der LKA-Beamten, Tor so positiv darzustellen, finde ich kaum eine Begründung. Klar sind diese Leute Profis, psychologisch bestens geschult und clever. Aber Alice ist nicht dumm und weiß sehr wohl zu unterscheiden, wer dreist lügt und wer hingegen ein echtes Anliegen vorbringt. Das LKA hat nicht wie das BKA verbal auf Silk Road eingeschlagen. Da das BKA eine erneute Anfrage ignoriert, wende ich mich an die Staatanwaltschaft Hannover. Um herauszufinden, inwieweit die Behörden, die damit in ihrer täglichen Praxis zu tun haben, wirklich so differenziert über Anonymisierung denken. Im surface web finde ich einen langjährigen Experten auf dem Gebiet der Cyber-Fahndung und anderer Probleme, die die digitale Welt mit sich bringt: Oberstaatsanwalt Dieter Kochheim aus Hannover.

Da Dieter Kochheim während dieser Zeit gerade ein weiteres, eigenes Buch schreibt, entschließe ich mich, ihm Fragen per Mail zu schicken. Er ist dann zeitunabhängiger. Was mich zunächst wunderte: Seine Privatmail ist herkömmlich offen und gar nicht verschlüsselt.

Er sehe die Sache ein bisschen anders, schreibt Kochheim auf meine Mail. Schon vor einigen Jahren habe ihm ein Kollege berichtet, dass im Zusammenhang mit der technischen Überwachung eines Anonymisierungsservers etwa 80 Prozent des Datenverkehrs einen kriminellen Bezug gehabt haben soll. »Was ich aber an der Debatte über Anonymität, und somit auch Tor vermisse, ist eine ausgewogene Sicht auf diese Dinge«, schreibt er.

»Die Berichterstattung über Kriminalität im Internet lässt den Eindruck entstehen, dass die Strafverfolgung, wenn überhaupt, nur punktuell erfolgreich ist«, schreibt Kochheim weiter. »Es ist aber keineswegs so, als wären die Ermittlungsbehörden hier untätig.« Sie kämpften eben nur mit sehr vielen Hürden und Erschwernissen. Es ist noch eine Grauzone: Die Regeln sind da, aber wenige Ermittler wüssten, wie und wann sie anzuwenden sind.

Trotz der verhältnismäßig geringen Fallzahlen ist Cyber-Kriminalität politisch äußerst brisant, denn auch die Bürger und Betroffenen wissen oft kaum, wie sie sich wirksam vor



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