Das zweite Herz by Connelly

Das zweite Herz by Connelly

Autor:Connelly [Connelly]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-07-08T04:00:00+00:00


Als sie auf dem Antelope Valley Freeway in die Stadt zurückfuhren, passierten sie auf den Fahrspuren der Gegenseite eine scheinbar endlose Blechkolonne. Pendler auf dem Heimweg oder Ausflügler, die übers Wochenende die Stadt verließen. McCaleb nahm kaum Notiz davon. Er war ganz in Gedanken versunken. Sogar Buddy Lockridge hörte er erst, nachdem der sich zweimal wiederholt hatte.

»Entschuldige, was hast du gerade gesagt?«

»Ich habe gesagt, ich schätze, ich habe dir eben ziemlich geholfen, als ich das gesehen habe.«

»Das hast du, Buddy. Ich hätte es wahrscheinlich nicht entdeckt. Trotzdem wäre es mir lieber, du wärst im Wagen geblieben. Fahren ist alles, wofür ich dich bezahle.«

McCaleb machte mit beiden Händen eine Geste, die sich auf den Wagen bezog.

»Ja, schon, bloß wenn ich im Auto sitzen geblieben wäre, könntest du immer noch in der Kiste da draußen rumkriechen.«

»Das werden wir jetzt wohl nie mehr erfahren.«

»Willst du mir denn nicht wenigstens sagen, was du rausgefunden hast?«

»Nichts, Buddy. Ich habe nichts herausgefunden.« Er hatte gelogen. Amelia Cordell hatte ihn wieder mit nach drinnen genommen, damit er von dort in der Firma ihres Mannes anrufen konnte. Buddy war zum Auto zurückgeschickt worden, um dort zu warten. Im Haus sprach McCaleb mit James Cordells Chef, der ihm die Namen und Telefonnummern der Aquäduktinspektoren gab, mit denen Cordell Anfang Januar zusammengearbeitet haben könnte. Darauf rief McCaleb in der Aquäduktinspektion Lone Pine an und sprach mit Maggie Mason, die zu diesen Inspektoren gehörte. Sie sagte, sie sei in der Woche vor Cordells Ermordung zweimal mit ihm mittags essen gewesen. Beide Male sei Cordell gefahren.

Um keine Suggestivfrage zu stellen, fragte McCaleb nur, ob ihr am Armaturenbrett des Suburban irgendein persönlicher Gegenstand aufgefallen sei. Darauf erklärte Maggie Mason ohne Zögern, am Armaturenbrett habe ein Foto von Cordells Familie gesteckt. Sie sagte, sie habe sich sogar rübergebeugt, um es sich anzusehen. Sie konnte sich erinnern, daß es eine Aufnahme von Cordells Frau mit ihren zwei kleinen Töchtern im Schoß gewesen war.

Und nun, auf dem Weg nach Hause, spürte McCaleb, wie sich eine Mischung aus wachsender Besorgnis und Erregung in ihm breitmachte. Irgendwo da draußen war jemand, der Gloria Torres’ Ohrring und James Cordells Familienfoto hatte. Inzwischen wußte er, daß sich die Bösartigkeit dieser zwei Morde in der Gestalt eines Mannes verdichtete, der nicht aus Geldgier tötete und auch nicht aus Angst oder um sich an seinen Opfern zu rächen. Diese Bösartigkeit ging wesentlich weiter. Dieser Mann tötete aus Freude am Töten und um eine Wahnvorstellung zu verwirklichen, die wie ein Virus sein Hirn infiziert hatte.

Das Böse war überall. Das wußte McCaleb besser als die meisten. Aber er wußte auch, daß man ihm nicht in abstrakter Form entgegentreten konnte. Es mußte aus Fleisch und Blut sein, mußte menschliche Gestalt annehmen, um gejagt und vernichtet werden zu können. Soweit war McCaleb jetzt. Er spürte, wie eine unbändige Wut in ihm aufstieg. Und eine schreckliche Freude.



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