Das Moordorf by Max Geißler

Das Moordorf by Max Geißler

Autor:Max Geißler [Geißler, Max]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Saga
veröffentlicht: 2015-10-23T00:00:00+00:00


Viertes Kapitel.

Wie der Tag verschlafen durch die niederen Bogenfenster des Flets schaute und die Kleinmagd Feuer unter dem Kessel zündete, erhob sich Gesche Stelljes vom Stroh und trat in die Frühdämmerung.

Nebel und Regen flogen hindurch wie gestern. Ein Haufen verkohltes Gebälk, missfarbige Asche lag an der Stelle, an der einst Ham Rugens Hütte gestanden, für die sie den Namen des ‚Einhauses‘ gefunden hatten und von welcher das Dorf den Namen trug.

„O“, sagte Gesche Stelljes, während sie versuchte, einen Blick unter das verbrannte Holzwerk zu tun, „de beeden Schondorms sin ook all upstahn.“

Die kamen durch den glitschigen Torfstich von Jan Ottens Gasthaus herüber. Der eine trug einen Verband um die Stirn, und Wangen und Kinn zeigten Brandwunden.

„De Kirl, de slichte, — is er doch woll entloopen?“ fragte sie.

Die Männer antworteten nicht.

Auch Kord Kück war über den Steg nach dem Trümmerhaufen geschritten.

„Nun ist nichts mehr da, was Ham Rugen mit eigener Hand errichtet“, sagte der eine der Beamten, der gestern abend an der Tür Posten gestanden und den Schuss in die Dunkelheit gegen den fliehenden Taugenichts abgegeben hatte.

Überdem stapfte Hinnerk Stelljes mit halbgeschlossenen Augen, die Hände in den Taschen der Leinenhose, durch das bleierne Licht.

„Hm“, machte Hinnerk, „nu liegt dat ook dal.“

Auf der andern Seite der Brandstätte sprach Kord Kück gedämpft mit den Gendarmen.

„Wie Ham Rugen noch lebte, sind die Einhäuser in einer Handvoll Jahren gewachsen; da war kein Aufenthalt, und der Alte regte doch kaum eine Hand. Aber er wusste, was nottat. Der war wie das Land ringsum: reich an unverbrauchter Kraft.“

„Die ist wohl nicht mit ihm zu Grabe gegangen. Es sind doch Männer genug in den Einhäusern“, entgegnete Kord Kück.

„Männer wohl, und Kraft genug, aber die Kraft wird nicht frei; denn sie sehen keine Wege.“

Wege — das war’s! Und die suchte Kord Kück; gestern wie er den Damm herauf über das schwarze Flag hinübergeträumt hatte, war ihm eingefallen: dahinein müsste ein Weg zu finden sein.

„Kück, Ham Rugen, das war ein anderer als sie alle“, sagte der Gendarm nach einer Weile. „Der hatte nicht sein Lebtag an der Scholle geklebt, hatte vielleicht zu sehr mit List und Verschlagenheit um sein Dasein kämpfen müssen. Es mag eine Zeit gegeben haben, da ist man ihm hart aufsässig gewesen — wegen der Schmuggelei, wissen Sie. Aber wie das damit ein Ende hatte und wie es draussen für ihn nichts mehr zu tun gab, da trug er so mancherlei Ideen in die Stille des Heidemoors und dachte, wie der Mensch wohl dem braunen stumpfen Gelände, in dem das Leben von Jahrtausenden modert, zu Leibe gehen könne. Ja, das Denken, Kord Kück, das ist nicht die Sache der Männer geworden, weil es Ham Rugen für sie besorgt hat. Und was ihnen der gesagt, das haben sie getan, und in der gleichen Weise schaffen sie weiter. Aber: von Grund aus in das rohe Moor zu gehen, wie das Ham Rugen fertig gebracht hat, das hätte von allen, die jetzt hier sind, keiner gewagt. Ist auch nicht jedermans Sache. An Clas Böschen aber hat Ham Rugen geglaubt. Nicht etwa, dass der ihn enttäuscht habe —“

„Clas Böschens Felder sind vortrefflich.



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