Das Lazaruskind by Mawson Robert

Das Lazaruskind by Mawson Robert

Autor:Mawson, Robert
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-09-26T04:00:00+00:00


»Was für ein charmantes Mädchen«, sagte Janet und gab Alison das Fax zurück. »So wunderbar höflich.« Sie nahm ihre Brille ab. »Aber was um alles in der Welt hat es zu bedeuten?« Alison starrte auf die zerknitterten Seiten in ihrer Hand, bevor sie zu Frankie aufblickte. Einer ihrer Mundwinkel zuckte, eine knochige Schulter hob und senkte sich unregelmäßig wie an einem unsichtbaren Faden. Das Beatmungsgerät unter dem Bett klickte, saugte und pumpte wie immer, blies gnadenlos Luft in ihr Lungengewebe, während sich die entsprechende Muskulatur wegen Nichttätigkeit immer weiter zurückbildete. Mit der Zeit hatte Alison die unbarmherzige Präsenz der Maschine hassen gelernt; ihr war, als würde der Apparat sie langsam auslaugen, ihre letzten Reserven an Ausdauer und Entschlossenheit aufzehren und auf dem Schlachtfeld des endlosen Zermürbungskriegs Zentimeter für Zentimeter vorrücken.

Sie verbrachte neuerdings weniger Zeit mit Frankie, wie sie sich schuldbewußt eingestehen mußte. Zwar besuchte sie sie nach wie vor jeden Tag oder fast jeden Tag, wann immer sie konnte, doch die anfängliche bedingungslose Besessenheit, jede Minute an ihrer Seite zu verbringen, erlahmte mit den Monaten, die verstrichen. Das tägliche Ritual, das sie anfangs mit geradezu religiöser Inbrunst zelebriert hatte, wurde nachlässiger, das unermüdliche Geplapper verstummte zunehmend öfter zugunsten eines brütenden Schweigens. Sie merkte, daß ihr langgehegter Optimismus systematisch an den Rand gedrängt wurde, wie ein Ei aus dem Nest gestoßen von dem gierigen Kuckucksküken der Hoffnungslosigkeit.

»Es bedeutet, daß es sehr riskant ist und sie keine Garantien gibt, überhaupt keine Garantien«, sagte sie müde. »Es könnte alles nur eine komplette Zeitverschwendung sein.«

»Von Geld ganz zu schweigen«, fügte ihre Mutter hinzu. »Und was soll das ganze Zeug mit dem Fernrohr und der herrschenden Lehrmeinung? Heißt das, die Klinik wird von der Schulmedizin in Amerika nicht anerkannt? Ich weiß nicht, ob mir das gefällt.«

»Ich weiß es nicht.« Alison überflog das Fax erneut. »Es ist seltsam. Einerseits sagt sie, daß sie glaubt, sie könnte etwas für Frankie tun, und dann versucht sie den Rest des Briefes, uns abzuschrecken. Als ob sie an sich zweifelt, als ob sie wollte, daß wir kommen, und dann doch wieder nicht.«

»Vielleicht versucht sie nur, so offen wie möglich zu sein.«

»Und warum spricht sie ständig von Ben und Frankie? Gestern am Telefon war es das gleiche; ihr Interesse schien gar nicht in erster Linie Frankie zu gelten. Es war Ben, nach dem sie gefragt hat und den sie sprechen wollte.«

»Nun, sie hat das Gefühl, daß da eine Art Verbindung besteht, das hat sie doch gesagt. Das kann ich verstehen, ich bin ganz ihrer Meinung.«

Alison blickte auf und sah zu ihrer Mutter hin, die auf dem Stuhl am Fenster saß und, einen Arm auf die Fensterbank gelehnt, durch die Scheibe den langsam fließenden Verkehr unter ihr beobachtete. Sie trug einen Tweedrock, passende braune Schuhe und um die Schultern ein weißes Seidentuch, bedruckt mit Rennpferdmotiven. Proper, adrett, solide und verläßlich wie immer. Schon solange Alison denken konnte. »Was meinst du, was wir machen sollen?«

»Ach du meine Güte, das zu entscheiden, steht mir wirklich nicht zu.« Janet reckte das Kinn und blickte auf den Parkplatz.



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