Das Herz einer Mutter by Marie Louise Fischer

Das Herz einer Mutter by Marie Louise Fischer

Autor:Marie Louise Fischer [Fischer, Marie Louise]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: SAGA Egmont
veröffentlicht: 2017-04-20T00:00:00+00:00


* * *

Heinz Schlüter-van Dorn betrat eine halbe Stunde vor der verabredeten Zeit die pompöse Halle des Hotels 'Negresco' in Nizza - und das mit voller Absicht, denn er wußte, daß Herr Korff zu jenen Geschäftspartnern gehörte, die man nie und unter gar keinen Umständen warten lassen durfte.

Er ging sofort zur Rezeption und sagte: 'Ich habe eine Verabredung mit Herrn Korff aus Dortmund…'

'Sehr wohl, Herr Schlüter-van Dorn', erklärte der Empfangschef beflissen. 'Herr Korff ist bereits eingetroffen…' Ehrfurchtsvoll fügte er hinzu: 'Mit seinem Privatflugzeug! Darf ich Sie mit seiner Suite verbinden?'

'Danke, nicht nötig. Sagen Sie ihm nur, daß ich in der Halle warte, sobald er nach mir fragt…'

Heinz Schlüter-van Dorn nahm in einem der mächtigen Sessel Platz, ließ sich von einem Pagen die 'Times' bringen und studierte den Wirtschaftsbericht. Er war nervöser, als er sich selber zugeben wollte. Männern vom Kaliber Hans-Georg Möllers fühlte er sich jederzeit gewachsen, aber Egon Korff, der Generalbevollmächtigte der Firma Horck in Dortmund, war einer der wenigen ganz Großen auf diesem Gebiet, und Schlüter-van Dorn war weit davon entfernt, ihn zu unterschätzen. Er hatte mit dem Eingreifen dieses Mächtigen gerechnet, er hatte mit allen Mitteln darauf hingearbeitet, und doch - jetzt, wo es soweit war, fühlte er sich unsicher wie ein Pennäler, der vor den Schuldirektor zitiert worden war.

Korff braucht mich, sonst hätte er mich nicht zu sich bestellt, sagte er sich immer wieder. Dennoch konnte er das Gefühl nicht loswerden, daß nicht er, sondern der andere die größeren Trümpfe in der Hand hielt.

Als er zum drittenmal auf seine Armbanduhr schaute, trat ein Page zu ihm. 'Herr Schlüter-van Dorn? Herr Korff möchte Sie sprechen. Würden Sie mir bitte folgen!'

Er erhob sich, schritt hinter dem Pagen über die dicken Teppiche, die das Geräusch seiner Schritte schluckten, zum Lift, ließ sich zum zweiten Stock hinauffahren, wurde über einen Ganggeführt.

Dann blieb der Page stehen, öffnete eine Tür und klopfte an die innere Doppeltür. Heinz Schlüter-van Dorn konnte ihm gerade noch ein Trinkgeld zustecken, bevor geöffnet wurde - von einem dunkeläugigen jungen Mann, in dem er Marconi, Körffs Sekretär, erkannte.

Marconi begrüßte den Besucher höflich, aber betont distanziert. Seine Manieren waren so tädellos wie sein Seidenhemd, die handgenähten Schuhe, die dezente Krawatte, der maßgeschneiderte Anzug, dessen Herkunft aus der Savile Road nicht zu übersehen war.

Korff selber, der große Egon Korff, wirkte geradezu unscheinbar gegen seinen eleganten Sekretär, ein unauffälliger Mann im grauen Anzug, mit klugen grauen Augen hinter einer, randlosen Brille, einer ausgeprägten Stirn, die durch den zurückweichenden Haaransatz noch mächtiger wirkte. Er saß in einem Sessel des überladenen kleinen Salons, machte keine Anstalten, sich zu erheben, sondern wies Schlüter-van Dorn mit einer Handbewegung einen Platz an.

'Ich freue mich, daß Sie pünktlich sind', sagte er mit unbewegter Stimme. 'Setzen Sie sich. Sie auch, Marconi, ich lege Wert auf Ihre Anwesenheit!'

Dann geschah eine Weile gar nichts. Marconi blickte auf seine manikürten Fingernägel, Korff sah Schlüter-van Dorn an, und Schlüter-van Dorn konzentrierte sich darauf, seinem Blick standzuhalten. Er wußte, daß Korff ihn zwingen wollte, den Anfang zu machen, aber gerade das suchte er zu vermeiden.



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