Das Erbe des Professors Pirello by Arno Alexander

Das Erbe des Professors Pirello by Arno Alexander

Autor:Arno Alexander [Alexander, Arno]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Saga
veröffentlicht: 2016-07-16T00:00:00+00:00


* * *

Auf Antrag des Chefinspektors Daubree war gerichtlich eine sofortige Untersuchung aller Personen angeordnet worden, die vielleicht vom Geburtstagswein des Ministerialrates getrunken haben konnten. Die Röntgenuntersuchung hatte im Gerichtsmedizinischen Institut auf Kosten der Staatskasse stattzufinden, geleitet vom Institutsdirektor unter Assistenz von Doktor Fauve.

Fauve holte morgens den Chefinspektor Daubree von zu Hause ab. Der Arzt hatte das dem Kriminalisten angeboten, als man sich telefonisch über die Untersuchung verständigte. Daubree stand schon in Hut und Mantel am Fenster, als der flotte Jaguar Fauves vor dem Hause hielt. Es war noch etwas früh. Daubree ließ den Arzt heraufkommen. Der Morgen nach einer sternklaren Nacht war kühl. Daubree bot zur Ewärmung einen Cognac an.

„Aber ich bin Kraftfahrer“, wehrte Fauve lächelnd ab.

„Da können Sie nicht einen Cognac vertragen, Doktor?“

„Einen nicht, aber zwei“, sagte Fauve, und die Falten seiner gebräunten Stirn bildeten ein amüsantes Hochgebirge. Ich möchte gegebenenfalls den Kollegen, der die Blutprobe macht, nicht in Verlegenheit bringen. Ein einziges Glas ist so schwer nachzuweisen.“

Sie lachten und labten sich und gingen auf die Straße. Daubree bewunderte den eleganten Sportwagen.

„Nichts als eine Marotte“, sagte Fauve bedauernd. Er steckte in einem nagelneuen Dufflecoat mit Lederschlaufen, hatte einen kühn verbogenen Nylonhut auf dem Kopf, das Monokel im Auge und wirkte wie ein vergnügter Baron von 35 Jahren. „Was will man im Grunde mit einem solchen Wagen in Paris? Sobald sich das Ding in Bewegung setzt, hat es schon eine Beule. Und weil es auffällt, auch ein Strafmandat dazu. Leider gibt es noch keine Versicherung gegen gebührenpflichtige Verwarnungen. Jetzt klären Sie mich bitte auf: wieviel giftverdächtige Kandidaten werden erscheinen?“

„Fünfundzwanzig“, sagte Daubree.

„Um des Himmels willen! Das ist ja halb Paris.“

„Eine Schikane von Frau Bobin. Die Wirtschafterin von Saint-Roch führt einen erbitterten Privatkrieg gegen die Kriminalpolizei. Sie kann uns nicht leiden. Wir befragten sie, wer von dem vergifteten Wein getrunken haben könnte. Niemand, behauptete sie. Aber als sie erfuhr, daß sie selbst auf jeden Fall untersucht würde, zählte sie uns in gelber Wut fünfundzwanzig Personen auf. Wahrscheinlich irgendwelche. Sie betrachtet es als eine ganz persönliche Schmach, daß sie sich wird ausziehen müssen.“

„Was dem einen besonders interessant ist, ist dem andern ein Greuel“, seufzte Fauve. „Wir werden es kurz machen. Wir machen nur Aufnahmen und sehen sie uns hinterher in Ruhe an. Denn im Grunde ist die ganze Sache typisch staatlich.“

„Was verstehen Sie darunter?“

„Nutzlos, aber unvermeidlich“, lächelte Fauve. „Wer wirklich von dem Wein getrunken hat, läge längst im Krankenhaus, wie Saint-Roch beweist. Aber ich sehe ein, die Form verlangt es.“

Sie kamen immer noch zu früh im Institut an.

„Was hat Sie eigentlich hergetrieben?“ fragte Fauve. „Müssen Sie dabei sein?“

„Offiziell nicht“, gestand Daubree. „Aber ich benutze diesen Fall, um nach Jahren wieder vom Schreibtisch wegzukommen und Menschen zu sehen. In der zivilisierten Welt ist es Mode, den Meistern jedes Faches ihr Handwerk zu verbieten. Ist es bei Ihnen anders? Sobald ein Arzt bekannt wird, verjagt man ihn vom Krankenbett und setzt ihn an einen Schreibtisch, um Abrechnungen zu unterschreiben und ein Krankenhaus zu verwalten. Gerade das könnte sein kleinster Assistent besser als er.“

Fauve lachte herzlich.



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