Das Chaosweib (German Edition) by Eva Völler

Das Chaosweib (German Edition) by Eva Völler

Autor:Eva Völler [Völler, Eva]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-10-14T04:00:00+00:00


Samstag, 1. Januar 2000, 12.00 Uhr

Anke ruft an und wünscht mir ein frohes neues Jahrtausend. Ich weine immer noch, und sie will wissen, was los ist.

"Ich kann wieder schreiben", schluchze ich glücklich. Und dann reiße ich mich zusammen und erzähle ihr von Konrad und davon, was mir in seinem riesigen Bett widerfahren ist.

"Oh, Karo, das freut mich so für dich!" Sie selbst klingt nicht besonders fröhlich, doch als ich sie frage, ob ihr eine Laus über die Leber gelaufen ist, weicht sie aus.

"Ach, es ist nichts. Ich möchte jetzt nicht drüber reden." Natürlich will sie das doch, und schon im nächsten Augenblick heult sie los wie eine Sirene. "Ich glaube, Hannes hat eine andere Frau!"

"Wie kommst du denn auf die Idee?"

"Ich hab im Altpapier lauter Entwürfe gefunden."

"Was für Entwürfe?"

"Zettel. Zerknüllte Zettel. Mit Botschaften." Anke liest schluchzend vor. "Danke für die feuchtfröhliche Kissenschlacht."

Ich höre Papier rascheln. "Oder der hier: Danke für eine zauberhafte Nacht."

Erneutes Rascheln, Schniefen. "Für meine kleine Granate. Danke für die vielen wunderbaren Explosionen."

Ich muss schlucken. "Vielleicht hat er das für dich entworfen."

Anke weint durchdringend laut. "Es lag ganz unten im Karton, bei den Septemberzeitungen. Jetzt ist Januar. Ich hab seitdem nichts gekriegt, in dem das Wort Granate oder zauberhaft vorgekommen ist. Geschweige denn feuchtfröhlich!" Sie unterbricht sich und schluchzt haltlos.

"Anke, nicht doch! Beruhige dich! Sicher gibt es eine ganz einleuchtende Erklärung!"

"Natürlich gibt es die! Er hat eine Affäre!"

"Du kannst doch nicht gleich das Schlimmste annehmen!"

"Doch", sagt sie mit zitternder Stimme. "Und weißt du auch, wieso? Weil ich noch was entdeckt habe. Direkt unter den Zetteln. Eine Pappschachtel. Eine leere Pappschachtel, wohlgemerkt, und zwar eine Großpackung!"

"Eine Großpackung von was?"

"Wenn er nicht so ein fanatischer Mülltrenner wäre, hätte ich das gar nicht gefunden!", heult sie.

"Eine Großpackung von was?"

"Aber er sortiert ja buchstäblich alles auseinander, er reißt sogar die Etiketten von den Weinflaschen ab und gibt sie zum Altpapier! Er rupft die Haare aus meiner Fönbürste und legt sie fein säuberlich in den Biomüll!"

"Eine Großpackung von was?"

"Kondome", stößt sie hervor.

"Aber ihr benutzt doch auch Kondome", sage ich ratlos.

"Nicht diese. Nicht die mit Fruchtgeschmack. Wir hatten noch nie welche mit Geschmack! Niemals! Nie, nie, nie!"

Ich höre, wie sie wimmernd am anderen Ende der Leitung zusammenbricht.

"Anke? Hast du ihn schon zur Rede gestellt?"

"Er ist im Restaurant, Weinbestände prüfen. Heute Abend konfrontiere ich ihn mit dem Beweismaterial."

"Verlier bloß nicht die Nerven!", beschwöre ich sie. "Und falls doch was im Busch ist, komm zu mir, ja?"



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