Das absolut wahre Tagebuch eines Teilzeit-Indianers by Sherman Alexie

Das absolut wahre Tagebuch eines Teilzeit-Indianers by Sherman Alexie

Autor:Sherman Alexie [Alexie, Sherman]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: dtv
veröffentlicht: 2009-10-01T04:00:00+00:00


Das Schlimmste war jedoch, dass ich einen von Dads alten Anzügen tragen musste:

Ich hatte Schiss, dass sich die Leute über mich lustig machen, klar? Und das hätten sie wahrscheinlich auch getan, wenn Penelope nicht sofort, als sie mich auf die Turnhalle zumarschieren sah, vor Begeisterung zu quietschen angefangen hätte.

»Wahn-sinn!«, kreischte sie so laut, dass es alle hörten. »Dein Anzug ist ja abgefahren! Total retro! So mega-out, dass er schon wieder total in ist!«

Sofort wünschte sich jeder Typ im Saal, er hätte den räudigen Polyesteranzug von seinem Dad an.

Und ich malte mir aus, dass ich jedem Mädchen den Atem verschlug und beim Anblick meiner Hüfthosen mit Schlag alle ganz scharf wurden.

Wie besoffen von meinem unerwarteten Erfolg vollführte ich ein paar lahme Disco-Schritte, bei denen die Umstehenden geradezu hysterisch wurden.

Sogar Roger, das Riesenbaby, dem ich auf die Nase gehauen hatte, war auf einmal mein Kumpel.

Penelope und ich genossen das Ganze ungeheuer, und vor allem genossen wir es, das Ganze ZUSAMMEN zu genießen, auch wenn wir nur eine halb gare Sache am Laufen hatten, und wir tanzten jeden Tanz miteinander.

Neunzehn Tänze, neunzehn Songs.

Zwölf schnelle, sieben langsame.

Elf Country-Hits, fünf Rocksongs, drei Hip-Hop-Stücke.

Es war der schönste Abend meines Lebens.

Natürlich schmorte ich in meinem Polyesteranzug im eigenen Saft.

Aber das war egal. Penelope fand mich schön und deshalb fühlte ich mich schön.

Und dann war der Ball aus.

Die Lichter gingen an.

Da fiel Penelope ein, dass wir uns noch nicht von dem Profitypen hatten fotografieren lassen.

»Ach du Schreck!«, rief sie. »Wir haben uns noch nicht fotografieren lassen! So was Blödes!«

Sie war kurz traurig, aber dann fiel ihr wieder ein, wie prächtig sie sich amüsiert hatte und dass ein Foto von diesem Abend völlig daneben sei. Ein Foto wäre einfach nur ein ziemlich lahmes Souvenir.

Ich war heilfroh, dass wir die Fotos vergessen hatten, denn ich hätte sie nicht bezahlen können. Ich hatte bereits einen Text vorbereitet von wegen Brieftasche verloren und so weiter.

Ich hatte den Abend überstanden, ohne meine Armut preiszugeben.

Ich dachte, jetzt gehe ich mit Penelope raus zum Parkplatz, wo ihr Dad mit dem Auto auf sie wartet. Ich gebe ihr einen unschuldigen Kuss auf die Wange (ihr Dad würde mich sofort erschießen, wenn er uns bei einem Zungenkuss erwischt), dann winke ich zum Abschied und die beiden düsen davon. Ich warte auf dem Parkplatz, bis alle weg sind, und dann mache ich mich im Dunkeln auf den Heimweg. Da es Samstag ist, fährt bestimmt die eine oder andere Familie aus Spokane zurück ins Reservat, und wenn mich jemand am Straßenrand stehen sieht, nimmt er mich mit.

So weit mein Plan.

Aber es kam alles anders. So wie immer alles anders kommt.

Roger und ein paar andere Typen, die angesagtesten Jungs eben, kamen auf die Idee, nach Spokane zu fahren und dort in einem Diner, das die ganze Nacht offen hatte, Pfannkuchen zu essen. Plötzlich war das die coolste Idee überhaupt.

Ein ganzer Haufen aus der Zwölften und der Elften, lauter Oberstufler, wollte da gemeinsam hin.

Aber Penelope war so beliebt, besonders für eine aus der Neunten, und ich als ihr Anhängsel ebenfalls, obwohl auch ich erst in der Neunten war, dass Roger uns fragte, ob wir mitkommen wollten.



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