Cocktails fuer drei by Kinsella Sophie

Cocktails fuer drei by Kinsella Sophie

Autor:Kinsella, Sophie [Kinsella, Sophie]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783641069872
Google: aehAAAAAQBAJ
Herausgeber: Goldmann Verlag
veröffentlicht: 2013-08-18T22:00:00+00:00


Kapitel Zwölf

Mit hochgezogenen Schultern – das Gesicht hinter einem Schal verborgen – saß Roxanne auf einer Holzbank und beobachtete Ralph Allsopps Londoner Haus auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Es war ein schmales Haus an einem stillen Platz in Kensington, mit schwarzem Geländer und blauer Tür. Ein Haus, vor dem sie schon unzählige Male gesessen hatte, das sie verflucht, beweint und Stunde um Stunde angestarrt hatte – ohne es jemals zu betreten.

Anfangs – vor Jahren – war sie heimlich hergekommen und hatte stundenlang davorgesessen. Damals hatte sie sich dann mit einem Buch in dem kleinen Park eingerichtet und die Fassade angestarrt, hinter der Ralph mit seiner Familie lebte, als wollte sie sich jeden einzelnen Mauerstein, jede Gehwegplatte einprägen, und sich gefragt, ob sie wohl heute einen Blick erhaschen würde – auf sie oder ihn oder irgendwen.

Denn damals hatte Cynthia ihre Zeit noch größtenteils in London verbracht, und Roxanne hatte ziemlich oft beobachtet, wie sie mit Sebastian die Treppe hinauf- oder hinunterging, beide in adretten, dunkelblauen Mänteln. (Vermutlich von Harrods, wenn man danach ging, wie oft deren Lieferwagen vor dem Haus hielt.) Sobald die Tür aufging, erstarrte Roxanne und ließ ihr Buch sinken. Dann erschienen die feinen Züge der nichts ahnenden Cynthia Allsopp. Und ihr kleiner Sohn Sebastian mit seinem unschuldigen Christopher-Robin-Haarschnitt. Da saß Roxanne dann da und sah sich an, wie sie die Treppe herunterkamen und ins Auto stiegen oder die Straße entlanghasteten. Sie prägte sich jedes neue Kleidungsstück von Cynthia ein, jeden neuen Haarschnitt, jedes belauschte Wort, jedes mögliche Detail. Ihr Anblick erschreckte sie noch jedes Mal, faszinierte sie – und deprimierte sie schließlich. Denn er war mit Cynthia verheiratet. Mit dieser eleganten, seelenlosen Frau. Und sie – Roxanne – war seine Geliebte. Seine billige, popelige Geliebte. Die anfängliche Aufregung, sie zu sehen, dieses Gefühl der Macht, wich noch jedes Mal einer entsetzlichen Leere, einem finsteren Unglück.

Und doch war sie immer wieder dorthin gegangen, konnte sich dem Sog dieser blauen Haustür nicht entziehen, bis zu jenem Tag, an dem Ralph mit einer Bücherkiste die Stufen herunterkam, zum kleinen Park herübersah und sie entdeckte. Augenblicklich hatte sie den Kopf eingezogen, mit rasendem Herzen, und gebetet, dass er sie nicht verriet, dass er die Ruhe bewahrte. Was er auch getan hatte – das musste sie ihm lassen. Abends am Telefon hatte er jedoch keineswegs die Ruhe bewahrt. Er war wütend gewesen, wütender, als sie ihn je erlebt hatte. Sie hatte ihn angefleht, auf ihn eingeredet, ihm versprochen, dass sie den kleinen Park nie mehr betreten würde. Und dieses Versprechen hatte sie gehalten.

Jetzt jedoch brach sie es. Jetzt war es ihr scheißegal, wer sie sah. Jetzt wollte sie gesehen werden. Sie suchte in ihrer Tasche nach den Zigaretten und holte ihr Feuerzeug hervor. Ironie des Schicksals war nun jedoch, dass es jetzt – Jahre später – völlig egal war. Die Fenster waren dunkel, das Haus stand leer. Cynthia wohnte gar nicht mehr in dem verfluchten Gemäuer. Sie war ins Landhaus umgezogen und kam nur noch her, wenn bei Harrods Ausverkauf war. Sebastian ritt auf seinen kleinen Ponys, und alle waren glücklich.



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