Church Ladies (eBook) by Deesha Philyaw

Autor:Deesha Philyaw
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: ars vivendi Verlag
veröffentlicht: 2022-04-15T00:00:00+00:00

IM BETT MIT EINEM PHYSIKER

Ins Bett mit einem Physiker? Am besten am Pi-Tag – Pi ist eine Konstante und außerdem irrational –, aber die Grundlage wird über Monate im Voraus geschaffen. Zuerst musst du ihn bei einem STEAM-Kongress im Vorbeigehen treffen. Als Kunstlehrerin an einer Mittelschule nimmst du teil, damit das A für Arts auch gut vertreten ist und nicht zwischen den Giganten Science, Technology, Engineering und Mathematics untergeht. Aber als schwarze Frau spielst du dort »Negerzählen«, wie bei jedem Kongress. Er ist die Nummer zwölf, unter Hunderten, die an der Tagung teilnehmen. Am ersten Kongresstag fällt er dir auf, als er die Rolltreppe im Tagungszentrum hinunterfährt, während du hochfährst. Du versuchst zu erraten, welchen Buchstaben des Akronyms er vertritt. Bei seinem Gesicht und den Baby-Dreads könnte »Dichter« passen, aber »Mathelehrer an der High School« auch.

Am zweiten Tag siehst du ihn in einer Breakout Session zum Thema »Integration der Künste und Global Citizenship« wieder. Bevor es losgeht, unterhält er sich mit der Moderatorin – auch einer Sista, Nummer dreizehn. Den Gesprächsfetzen nach zu urteilen kennen sie sich noch vom Studium in Atlanta Anfang der 1990er. An ihren jetzigen Unis haben sie etliche gemeinsame Bekannte. Sie vereinbaren, sich vor dem Ende der Tagung noch einmal zu treffen. Du registrierst, dass sie einen Ehering trägt, er nicht.

Als ihr den Raum verlasst, bemerkt er, dass du ihn ansiehst. Er lächelt, du lächelst zurück. Er geht neben dir her, streckt dir die Hand hin und stellt sich vor. Er sagt »Eric Turman«, aber du verstehst »Erick Sermon«. Du bekommst erst große Augen, dann runzelst du die Stirn, weil du es für einen leicht abgefahrenen Witz hältst.

»Nein, Eric Turman.« Er lacht. »Nicht der Hip-Hopper von EPMD.«

»Verstehe«, sagst du. »Ich bin Lyra James. Nicht zu verwechseln mit Rick James.«

Wieder lacht er. »Aber oft verwechselt mit der Lyra, die einen der hellsten Sterne des Nachthimmels enthält.«

Das Kompliment überrascht dich, und dein Versuch, das zu verbergen, scheitert eher kläglich. »Und Sie sind … Mathelehrer?«

Nein, er ist weder Mathelehrer noch Dichter. Er ist Physiker und Vorsitzender des Ausschusses für Bildungsprogramme der American Physics Society.

Ihr plaudert über »Integration der Künste und Global Citizenship«. Er fragt, was dich auf die Tagung geführt hat, und du erzählst ihm, dass du Kunst an der Mittelschule unterrichtest – Bildhauerei, Druck, Malen, Textilkunst, Töpfern. Er fragt, ob du ihm beim Mittagessen mehr darüber erzählen würdest. Das tust du. Das Gespräch wird beim Abendessen weitergeführt – du erfährst, was der Vorsitzende des Ausschusses für Bildungsprogramme der American Physics Society macht –, dann bei Cocktails in der Bar des Tagungshotels. Und danach noch auf einem Sofa im Foyer. Ihr zählt euch gegenseitig eure fünf Lieblings-MCs auf. Ihr debattiert darüber, ob der erste Platz Scarface oder Rakim gebührt.

Dir fallen seine dichten Wimpern auf, seine großen Hände und eine kleine Narbe neben der rechten Augenbraue. Als er seine Ballonmütze ein paarmal anhebt, um sich den Kopf zu kratzen, siehst du, dass seine Baby Dreads gepflegt und sorgfältig eingeölt sind.

Er erzählt dir von seiner Arbeit, dem Brotberuf, in dem er

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