Chucks - Roman by Cornelia Travnicek
Autor:Cornelia Travnicek
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: DVA
veröffentlicht: 2012-02-23T05:00:00+00:00
Von Gras und der Bedeutung von Vögeln
Vor der Abreise nach Amsterdam habe ich mich ein letztes Mal mit meinem Bewährungshelfer getroffen, mich für seine Hilfe bedankt, für die wertvolle Erfahrung, noch bevor er dazu kam, etwas zu sagen, und ihn zum Abschied beim Vornamen genannt. »Tschüss, Peter«, habe ich gesagt, gegrinst und seine Hand noch stärker gedrückt als sonst. Seine Gesichtsmuskeln lagen im Streit darüber, was die angemessene Reaktion darauf sei.
Nach dem sehr kurzen Gespräch mit Peter habe ich Paul am Westbahnhof getroffen. Er war schon dabei, unser Gepäck in der Ablage des Zugabteils zu verstauen.
Eine kleine Dame schiebt den Wagen des Boardservice an uns vorbei und bietet Getränke an. Wie im Flugzeug, denke ich. Hinter uns kauft ein Mann Tomatensaft im Tetrapak. Ein Schauer läuft meinen Rücken hinunter, und es schüttelt mich bis zu den Zehen.
»Was hast du?«, will Paul wissen, als mein Fuß gegen sein Bein stößt.
»Tomatensaft«, presse ich heraus, »ich hasse Tomatensaft. Mir wird schon vom Geruch schlecht.«
Er lacht mich aus.
»Warum denn?«
»Ich weiß auch nicht. Obst darf gern zu Saft werden, aber Gemüse sollte meiner Meinung nach nur in Suppe flüssig sein.«
»Sind Tomaten überhaupt Gemüse?«
»Ich weiß nicht, wer legt das fest?«
»Wahrscheinlich die EU.«
»Wer sonst.«
Wir schweigen.
»Nein«, sagt er nach einer Weile.
»Was: ›nein‹?«
»Tomaten sind kein Gemüse. Die sind Obst.«
»Was du nicht sagst.«
»Tomaten sind sicher Beeren, jetzt weiß ich es wieder.«
»Ist doch egal«, sage ich, »obwohl die Vorstellung von Beerensuppe etwas Seltsames hat.«
»Dann doch eher Gemüsesaft«, meint Paul.
»Wir sollten uns anderen Gesprächsthemen zuwenden.«
Wir sehen uns an und lachen.
»Warum hast du eigentlich zwei Axolotl und nicht ein anderes Haustier?«, will ich wissen.
»Ich finde, sie sehen immer fröhlich und freundlich aus, von vorne betrachtet.«
»Das ist schon wahr, aber sie sind ganz und gar nicht flauschig.«
»Ist das wichtig?«
»Der Flauschfaktor ist ausschlaggebend bei der Haustierwahl.«
»Was hättest du gerne für ein Haustier?«
»Eine Katze.«
»Eine Katze ist doch etwas Banales.«
»Und wie geht das mit dem Schnurren?«
»Keine Ahnung.«
»Siehst du, niemand weiß das. Von wegen banal. Außerdem sind sie Wärmflasche, Rheumakissen, Wecker und vieles mehr.«
»Sehr praktisch, so betrachtet.« Paul zwinkert mir zu. Sein Gesicht wechselt mit nur einem Wimpernschlag von Mann zu Junge und wieder zurück.
»In der Tat.« Mein Lächeln klemmt fest.
Das gleichmäßige Rattern der Räder auf den Schienen macht mich schläfrig, mein Kopf sinkt auf Pauls Schoß, und langsam werden meine Halsmuskeln steif. Ich strecke mich, ordne meine Hände neu, die plötzlich auf Pauls Oberschenkel liegen, und spüre, wie Paul mir über den Kopf streicht. Bis der Zug hält.
Wenn man nach einer langen Reise aus dem Zug steigt, ist das genauso unwirklich, wie nach einer Nachmittagskinovorstellung in den strahlenden Sonnenschein hinauszutreten. Meine Knie sind seltsam wackelig, und mein Magen ist flau. Wir stehen in der hohen Bahnhofshalle, über uns ein beeindruckendes Stahlgerüst, die Menschen umströmen uns, und wir wissen nicht, wohin. Da sind wir also, zu zweit, in Amsterdam, und es scheint mir, als wäre das alles ein einziger, wunderbarer Zufall.
»Bist du sicher, Mara«, wollte ich wissen, »dass das eine gute Idee ist?«
Ich spürte, wie meine Stirn sich in Falten legte. Die Toilettenkabine war so eng, dass ich den Bauch einziehen musste, damit Tamara sich sitzend nach vorne beugen konnte.
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