Christa Ruland by Dohm Hedwig

Christa Ruland by Dohm Hedwig

Autor:Dohm, Hedwig
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: (Privatkopie)
veröffentlicht: 2010-02-03T00:00:00+00:00


»Ich komme aus Anselmas Atelier. O Anne Marie, ein Tag, der schrecklich zu Ende ging. Klarissa war nicht gekommen. Es beunruhigte uns einigermaßen. Maria hatte sie vor einigen Tagen auf der Straße getroffen, traurig und erregt, um einer Blume willen, zu der sie mystische Beziehungen unterhielt. Sie pflegte ihr Blaublümlein auf das sorgfältigste. Sie liebte es, flüsterte mit ihm. Sie glaubt an Pflanzenseelen und daran, daß ihr Schicksal irgendwie gerade mit dieser Pflanze verknüpft sei. Seit einiger Zeit gefiel ihr das Aussehen der Pflanze nicht. Sie mochte ihr noch so viel Wasser und Sonne geben, das Köpfchen sank tiefer, und die Knospen neben der verblühenden Blume verkümmerten.

»Meine Blume ist krank,« hatte sie zu Maria gesagt. »Stirbt sie, so zieht sie mich nach sich.«

Ueber die Bilder vergaß man bald der mystischen Klarissa. Vier Bilder sind es, durch eine schmale Holzleiste miteinander verbunden. Ich beschreibe sie Dir, so gut ich kann.

Erstes Bild: In einem Rosengarten, vor einem klaren Teich, in dem Rosenblätter schwimmen, steht ein Liebespaar. Eine zarte Weide neigt sich tief zum Wasser nieder. Unter der Weide eine weiße Marmorbank. Die Jungfrau in fließendem Goldhaar, mit einem rosigen Gewand angethan, drückt das Gesicht in den Kelch der Rose, die sie in der Hand hält, und doch fühlt man, daß sie lauscht und mit dem Duft der Blume die Worte des Jünglings an ihrer Seite einsaugt. In Morgenlicht ist das Bild getaucht.

»Wie ein Minnelied mit Harfenbegleitung habe ich es empfunden,« sagte Anselma.

Julia meinte, sie hätte darunter schreiben sollen: »O, daß sie ewig grünen bliebe, die schöne Zeit der jungen Liebe.«

Anselma zog den Vorhang vom zweiten Bilde fort.

Die Sonne ist eben untergegangen. Der Himmel gleicht einer Serpentindame, die die Falten ihres weiten Gewandes in brennend lachender Pracht weit auseinander spreizt. Die Rosen glühen in dunklem Purpur. Das junge Weib – auf diesem Bilde ist es Julia sprechend ähnlich – scheint vorwärts zu schreiten. Das Kleid ist ihr von den Schultern geglitten, oder vielmehr, sie hat es heruntergerissen, denn noch krampft sich ihre Hand in den Ausschnitt des Kleides. Es muß windig sein. Offenbar hat der Wind ihr hochgekämmtes Haar zerzaust, daß eine Strähne ihr ins Gesicht fällt; er weht ihr Kleid nach hinten. Die brennend roten, wie gefärbten Lippen sind halb geöffnet, die Zähne schimmern blitzend hindurch. Alles auf dem Bilde hat einen blutigen Ton, das Haar, das Gewand, das Innere der vibrierenden Nasenflügel. Selbst die Augen erscheinen rötlich, mit einer Flamme, die herauszüngelnd, in glühender Gespanntheit jemandem entgegenwächst. Sie rufen förmlich, sie schreien – nach wem? Ganz in der Ferne das schwache Schattenbild einer männlichen Gestalt.

Das dritte Bild: Fast Nacht. Das Gebüsch schwarz, durchschimmert vom Licht der Johanniskäferchen. Der Himmel voller Sterne. Auf üppigem Rasen liegt das Weib – nackt. In reiner Weiße leuchtet der Körper aus der tiefen Dämmerung. Krampfhaft hat sie mit der einen Hand hinter sich in einen Rosenbusch gegriffen, ein Dorn ist ihr in den Arm gedrungen, und ein Blutstropfen rinnt über den weißen Arm. Der zurückgeworfene Kopf trägt den Ausdruck höchster Wollust. Zur Leda kommt die zeugende Liebe als Schwan.



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