Blutsverdacht. Thriller by Marie-Aude Murail

Blutsverdacht. Thriller by Marie-Aude Murail

Autor:Marie-Aude Murail [Murail, Marie-Aude]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783104006727
Herausgeber: FISCHER E-Books
veröffentlicht: 2015-03-17T04:00:00+00:00


Das Polizeirevier an der Place du Bastion füllte sich. Eine Frau hatte ein Portemonnaie mit zweiunddreißig Euro zwanzig gebracht, das sie auf einer öffentlichen Toilette gefunden hatte, und verlangte, man solle ihr schriftlich bestätigen, dass das Geld nicht in der Tasche irgendeines Beamten lande. Ein junger Mann erzählte einem Polizisten, der so tat, als würde ihn das interessieren, wie ihm sein Mofa geklaut worden war. Ein Typ, den man in die Ausnüchterungszelle gesteckt hatte, wiederholte in allen Tonlagen: »Sie ist nicht tot, Herr Richter, sie hat die Augen offen!«

Kim zog sich mit René und Suzanne in ihr kleines Büro zurück und begann, nach deren Angaben einige Informationen über Alice zu notieren.

»Am Montag werde ich die Eltern und die Arbeitgeber kontaktieren«, schloss sie. »Wenn sie seit Donnerstag nichts gehört haben, kann ich eine Fahndung einleiten.«

Sie machte eine bedeutungsvolle Pause.

»Und Monsieur Cassel?«, fragte René.

»Ja?«

»Werden Sie ihn nicht fragen, ob er Alice am Donnerstagmittag gesehen hat?«

»Zuerst einmal müsste ich wissen, wo ich Monsieur Cassel finde. Haben Sie seine Adresse?«

»Er ist in Bordeaux.«

»Arzt«, ergänzte Suzanne.

»Arzt in Bordeaux«, fasste Kim zusammen. »Was noch?«

»Kim, Sie waren damals klein«, begann René mit beinahe zitternder Stimme, »und Sie werden sich nicht daran erinnern. Und im Übrigen hat Ihr Vater es gewiss vermieden, von solchen Geschichten vor der Familie zu sprechen, aber 1989, im Juni 1989, wurde meine Tochter umgebracht.«

Kims Stirn legte sich in Falten, als sie in ihrer Erinnerung suchte. Anders als Monsieur Lechemin glaubte, sprach ihr Vater beim Essen häufig und unüberlegt von den Autopsien, die er gerade gemacht hatte. Seine Frau konnte da noch so oft »Wir essen, Georges« sagen. Zur größten Freude ihrer beiden großen Brüder scheute er nicht vor den abstoßendsten Einzelheiten zurück. Sie selbst lauschte auch mit gespitzten Ohren. Aber sie hatte keinerlei Erinnerung an diese Geschichte.

»Und worin besteht der Zusammenhang mit Monsieur Cassel?«, fragte sie auf ihre unvermittelte Art.

Suzanne wusste, was folgen würde, und legte René die Hand auf den Arm. Kims Blick wanderte zwischen ihnen hin und her und heftete sich dann auf René.

»Sie denken, dass Monsieur Cassel auf die ein oder andere Weise mit der Ermordung Ihrer Tochter zu tun hat?«

»Genau!«

»Und Sie denken, dass er auf die ein oder andere Weise etwas mit dem Verschwinden von Alice zu tun hat?«

»Das weiß ich nicht«, bemerkte René vorsichtig. »Aber zum Zeitpunkt der Ereignisse hat Alice gegen Martin Cassel ausgesagt.«

»Erklären Sie mir das.«

Was René, angeregt von der wachsenden Aufmerksamkeit der Polizistin, gerne tat.

»Interessant«, bemerkte sie abschließend. »Aber nicht der Hauch eines Beweises. Und es ist vor zwanzig Jahren geschehen.«

Unentschlossen stützte sie einen Augenblick das Kinn auf die Hand.

»Dazu müsste man sich schon über zwei Dinge sicher sein«, sagte sie schließlich. »Dass Alice wirklich seit Donnerstag verschwunden ist, und dass Cassel sie am Donnerstagmittag gesehen hat.«

»Ich jedenfalls habe Monsieur Cassel am Donnerstagnachmittag gesehen«, bemerkte Suzanne fast bedauernd. »Zumindest glaube ich das …«

Dann erzählte sie von dem Mann, den sie in der Rue Gâtefer bemerkt hatte, der das Haus von Monsieur Lechemin betrachtete.

»Der Mistkerl«, brummte René.

»Aber daraus kann man nichts schließen, nicht wahr, Mademoi… Kommissarin?«

»Monsieur Cassel ist vielleicht die letzte Person, die Alice Meyzieux gesehen hat.



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