Blinde Krokodile by Tino Hemmann

Blinde Krokodile by Tino Hemmann

Autor:Tino Hemmann [Hemmann, Tino]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783954889839
Herausgeber: Engelsdorfer Verlag
veröffentlicht: 2015-07-29T16:00:00+00:00


Der erste Ausflug

Valentin brauste, das urige Fahrgefühl genießend, durch die bayerische Landeshauptstadt, ließ hier und da den Gesang des Motors aufheulen und beobachtete aus den Augenwinkeln die darin wunderschön erscheinende Frau und den Lausbuben im Beifahrersitz, die beide argwöhnisch auf die Straße starrten.

»Du spielst also selbst Fußball?«, fragte Valentin laut genug, so dass Oskar ihn hören konnte, obwohl der Motor brüllte.

Oskar ließ sich immerhin kopfnickend auf die Konversation ein.

»Was ist? Bist du ein Stürmer? Schießt du viele Tore?«

Oskar schüttelte den Kopf.

»Was machst du dann?«

»Die Idioten haben mich ins Tor gestellt«, raunte der Junge emotionsvoll.

»Nein?!«, entfuhr es dem Fahrer und ein Lächeln zuckte über Valentins Gesicht. »Bist du traurig darüber, Tormann zu sein? Der Tormann ist der wichtigste Spieler einer Mannschaft. Das kann ich dir aus eigener Erfahrung sagen. Ich war lange Zeit Tormann meines Teams.«

Oskar legte die Stirn in Falten. »Ich würde aber viel lieber Tore schießen, als immerzu was auf die Fresse zu kriegen.«

Einige Momente konzentrierte sich Valentin auf die Straße. Dann sagte er: »Nun ja. Mich hatten sie auch ins Tor gestellt. Aber dann ...«

»Aber dann?«, fragte Oskar.

»... dann habe ich versehentlich einem unserer Spieler so derb in die Eier geschossen, dass er auf der Stelle umfiel und einfach liegen blieb. Anschließend durfte ich in den Sturm, denn mein Schuss war nicht von schlechten Eltern. Das solltest du bei Gelegenheit vielleicht auch mal ausprobieren – das mit dem Eierschuss.«

Oskar grinste. »Du hast einem eigenen Spieler so derb die Eier abgeschossen, dass er sofort umgefallen ist?«

»Er hielt sich in der berechneten Schussbahn meines Abstoßes auf«, rechtfertigte sich Valentin. »Da hätte er ganz einfach nicht stehen sollen, denn meine Abstöße waren so knallhart, dafür braucht man anderswo mindestens einen Waffenschein.«

»Meine Schüsse sind auch nicht von schlechten Eltern.« Oskar malte sich aus, wie es wohl wäre, würde er einen eigenen Spieler abschießen.

»Weißt du was?«, rief Oskar plötzlich.

»Was denn?«

»In der Schule wurden wir gefragt, als was unsere Väter arbeiten.« Der Junge grinste.

»Und?«

»Mein bester Kumpel hat geantwortet, sein Vater wäre Nackttänzer in einer Schwulenbar.« Oskars Gesicht färbte sich rötlich.

»Und?«

Wieder griente der Junge. »Die Lehrerin hat dann jedenfalls die Befragung abgebrochen und meinen Kumpel in der Pause gefragt, ob das mit seinem Vater stimmt.«

»Und?«, fragte Valentin erneut.

»Mein Kumpel erklärte der Lehrerin, er hätte sich geschämt, die Wahrheit zu sagen. Denn sein Vater ist Spieler beim FC Bayern.« Lauthals lachte Oskar los. Valentin stimmte in das Lachen ein. Und Katarina, die sich wie eine Flunder unter einem gesunkenen U-Boot vorkam, nahm zwei Minuten später an der spaßigen Runde teil.

Der Porsche rollte auf einer vierstreifigen Ausfallstraße. Es herrschte dichter Verkehr. Valentin näherte sich einer roten Ampel. Auf der linken Spur wartete ganz vorn bereits ein ungeduldiger Mercedesfahrer. In der Spur neben ihm rauschte Valentin im Porsche heran, bremste scharf und stand nun unmittelbar neben dem Mercedes.

Dessen Fahrer war kein Geringerer als der Immobilienbesitzer Dr. Baumann! Der schaute kurz zu seinem Kontrahenten hinüber. Im Porsche entdeckte er staunend seinen geschassten Mieter, zu allem Überfluss daneben die adrette Blondine Katarina und auf ihrem Schoß gar den Jungen Oskar, der einen Fußball eng umschlungen in den Armen hielt.



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