Besser als Bus fahren: Die Online-Omi legt ab (German Edition) by Renate Bergmann

Besser als Bus fahren: Die Online-Omi legt ab (German Edition) by Renate Bergmann

Autor:Renate Bergmann [Bergmann, Renate]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783644401303
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2017-07-20T22:00:00+00:00


Gittl war eine ganz Sportliche, so eine zähe kleine Frau mit raspelkurzem, rot gefärbtem Haar, die voller Energie war. Sie ist früher Sportlehrerin gewesen in Dresden und leitete jetzt, wo sie seit ein paar Jahren in Pension ist, alle möglichen Turnkurse für Senioren, fettleibige Kinder und schwang auch mit der Herzsportgruppe die Keulen. Sie machte aber richtigen Sport mit Hampelmann und Kniebeugen, nicht so einen Quatsch wie Kirsten. Bei Gittl war es ganz egal, wie man atmete, und man musste die Turnmatte auch nicht zum Mond hin ausrichten.

Auch hier auf dem Schiff ging sie jeden Morgen eine Stunde zum Sport. Die hatten hier Animatrosen, die einen trimmten und zum Mitmachen überreden wollten. Das war aber eher was für die Jüngeren, die sich beim Essen nicht mäßigen konnten und gegen ihr schlechtes Gewissen anstrampeln mussten. Ich habe mir das ein paarmal angeguckt, wenn ich meinen Morgenspaziergang über die Decks machte, aber nee, lassen Se mal, das war mir zu hektisch. Die Animatrosen trugen so angeklebte Mikrophone auf der Wange, durch die sie ständig riefen, wir sollten alle mitmachen. «Auch Sie dahinten an der Reling! Ja, Sie! Und eins und zwei und eins und zwei …» Dazu kam Bumsmusik vom Band, und sie sprangen und hopsten und zählten immer wieder neu. Das war so anstrengend, dass sie ständig mit dem Zählen durcheinanderkamen und immer wieder von vorn anfingen. Weiter als bis acht kamen sie nie.

Nee, Sport, und das auch noch im Urlaub, ist nichts für mich. Ich mache in Spandau mein Seniorenturnen, die Aquagymnastik mit Fräulein Tanja, und ich gehe auf den Friedhöfen spazieren. Das ist für eine alte Frau mit 82 Jahren und einer künstlichen Hüfte eine ganze Menge, da muss ich mich nicht verstecken. Man kann es auch übertreiben, finde ich. Während ich des Morgens über die Decks flanierte, schlief Gertrud noch eine Stunde und schnarchte so laut, dass ich Angst hatte, sie atmet die Gardinen ein.

Gittl turnte mit den Animatrosen mit, bald eine ganze Stunde. Ich beobachtete sie jeden Morgen und winkte ihr freundlich zu. Nach dem Hüpfen mit den jungschen Leuten nahm sie noch ihre Stöcke und ging stramm Nordisch Wokken, immer im Kreis, bis sie «auf Betriebstemperatur» war, wie sie das nannte. Jetzt überlege ich gerade, ob man nicht «Südlich Wokken» sagen müsste, weil wir doch im Mittelmeer waren. Auf jeden Fall pikste sie mit ihren Stöcken morgens schon vor dem ersten Kaffee den anderen Passagieren in den Hacken rum und kam danach immer völlig aus der Puste zum Frühstück. Ich glaube ja, sie ging nur deshalb jeden Morgen Sport machen, um mal eine Stunde von Herbert weg zu sein. Das konnte ich sehr gut verstehen. Ich hatte das ja selbst schon viermal mitgemacht.



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