Beim Leben meiner Familie by Shreve Anita

Beim Leben meiner Familie by Shreve Anita

Autor:Shreve, Anita
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783492961585
Herausgeber: Piper
veröffentlicht: 2013-04-15T04:00:00+00:00


2009

Nachdem Rowan zur Schule aufgebrochen ist und er das Geschirr des Geburtstagsfrühstücks gespült hat, geht er die schmale Treppe des Hauses hinauf, das seit dem Tod seiner Eltern ihm gehört. Er erinnert sich: beide in Hospizpflege im Wohnzimmer, Webster mit seiner ganzen Erfahrung als Rettungssanitäter hilflos im Angesicht der Krebsleiden, die ihre Körper verwüsteten. Prostatakrebs bei seinem Vater, Lungenkrebs bei seiner Mutter. Dabei hatte sie in ihrem Leben nicht eine einzige Zigarette geraucht. Selbst am Ende, oder vor allem am Ende, als er seinen Vater die letzten Atemzüge tun sah, jeder von Sekunden des Nichts gefolgt, hatte Webster, gut ausgebildet und erfahren wie er war, Panik verspürt. Alles drehte sich nur noch um das Morphium, die Hospizpflegerinnen, die Stunden in dem abgedunkelten Zimmer, in denen er am Krankenhausbett seines Vaters saß, dessen Hand leicht und kühl auf seiner lag. Es war beileibe nicht Websters erste Begegnung mit dem Tod, dennoch erschütterte ihn die Erfahrung bis ins Innerste. Wühlte in ihm und kehrte das Unterste zuoberst, sodass ihm, als er schließlich die zehnjährige Rowan holte, damit sie sich von ihrem Großvater verabschieden konnte, die Furcht vor seiner Rolle als Vater und das Bewusstsein seiner Verantwortung beinahe die Luft abdrückten. Er war der Nächste. Nichts mehr zwischen ihm und dem Morphiumtropf am Ende.

Sheila war da schon acht Jahre weg.

Jetzt ist Rowan siebzehn.

Webster legt sich auf das Bett seiner Tochter.

An die Decke hat Rowan eine Ansicht aller Skigebiete in Neuengland gemalt, die sie besucht hat. Über die Berge, vor einem kühlen, blauen Himmel, zieht sich ein Netzwerk verschlungener Pfade, die Entfernungen zwischen ihnen sind durch gewundene Straßen verkürzt, auf denen sich Jeep Cherokees, Subarus und Rowans Toyota tummeln, alle mit Skiern auf den Dächern. Sunday River, Stowe, Okemo, Loon, Killington, Stratton, Bromley, Bretton Woods und sogar Wachusett im Südosten.

Nach dem Tod seiner Eltern richtete Webster sein altes Zimmer für Rowan her, baute einen Schrank und Bücherborde ein, stellte einen Schreibtisch mit Schubladen hinein. Rowan schläft noch in dem alten Eichenbett, das Webster gehörte, aber die Bettdecke mit dem Emblem der Boston Bruins ist verschwunden. Rowan schläft unter einer Patchwork-Steppdecke, die ihre Großmutter angefertigt hat und die jetzt neben dem Bett auf dem Boden liegt. Webster, selbst kein Held im Bettenmachen, hat Rowan nie beibringen können, wie so ein Bett ordentlich und vorschriftsmäßig gerichtet wird. Manchmal findet er die Bettdecke wie mit einem einzigen ungeduldigen Ruck zum Kopfkissen hochgezogen vor.

In einer Ecke liegen Rowans Gitarre und ihre Klarinette. Webster hat sie seit Monaten nicht mehr auf den Instrumenten spielen hören. Er weiß, wenn er Rowans Schreibtischschubladen aufzöge, würde er diverse Tuben Lipgloss vorfinden, mehrere Dutzend Bic-Stifte mit angeknabberten Enden, ein Foto von Sheila und Rowan kurz nach der Geburt (so häufig betrachtet, dass es keine Macht mehr über Webster und Rowan besitzt – oder doch?), Schmuckstücke, die Rowan vor Jahren geschenkt bekommen hat und von denen sie sich nicht trennen kann, sowie ein Häufchen Münzgeld. Von Zeit zu Zeit sammelt Rowan, auf Websters Anweisung, alles Kleingeld ein, das im Haus herumliegt, sortiert es und bringt es zur Bank.



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