Atlan 834: Eine Sekunde der Ewigkeit by Haensel Hubert

Atlan 834: Eine Sekunde der Ewigkeit by Haensel Hubert

Autor:Haensel, Hubert [Hubert, Haensel,]
Format: epub
veröffentlicht: 2010-09-28T21:01:12.453000+00:00


*

Die Höhle reichte weit in den Berg hinein, bevor sie sich verengte und schließlich abrupt endete.

»Hier sind wir sicher«, behauptete Neithadl-Off. »Der Kyberno wird uns nicht folgen.«

Eigenartig war, daß in der Höhle keine Dunkelheit herrschte. Atlan wußte zwar keine Erklärung für dieses physikalische Phänomen, zerbrach sich deswegen aber nicht den Kopf. Es gab Wichtigeres, fein grüner Schimmer von draußen her verriet die Anwesenheit der stählernen Festung. Gleich darauf flutete die Hitze von Impulsschüssen heran. Der Kyberno begann damit, den Fels aufzureißen.

Unwillkürlich blickte Atlan aufsein Armbandchronometer, bevor er sich wieder der Vigpanderin zuwandte:

»Du nennst die Maschine ›Kyberno‹, ist sie kein rein robotisches Gebilde?«

Zum erstenmal seit er sie kannte, wirkte Neithadl-Off verunsichert. Doch dieser Eindruck hielt nur einige Sekunden an. Als die Vigpanderin antwortete, tat sie dies mit der gewohnten Souveränität, die nicht erkennen ließ, ob sie die Wahrheit sagte oder eine perfekt erfundene Lüge.

»Kybernos gelten als Synthesen aus organischen und technischen Komponenten«, erklärte die Parazeit-Historikerin. »Nur sehr wenig ist über sie bekannt – eigentlich nur das, was ich an Wissen zusammengetragen habe. Kybernos, wie überhaupt der Temporalsumpf, waren Teil meines Examens als Historikerin. Sie sind nichts weiter als Überreste der am höchsten entwickelten Lebensformen des vorausgegangenen Universums.«

»Ich kenne die verschiedenen Theorien von Expansion und Kontraktion des Alls und daß ein Vorgang den anderen bedingt«, wandte Hage Nockemann ein. Ungeduldig, beinahe verlegen, zwirbelte er seinen dicken Schnauzbart. »Aber zu glauben, daß wir uns am Ende eines solchen Zyklus befinden sollen, fällt mir schwer.«

»Nicht nur das«, fügte Neithadl-Off schulmeisterhaft hinzu. »Wir wurden weit in die Vergangenheit verschlagen und stehen nun unmittelbar vor der Geburt unseres Universums, das haargenau so werden wird, wie wir es kennen. Die Überreste der bei dem Urknall zerstäubenden Kybernos könnten vielleicht die Grundlage neuer Lebensformen sein. Es ist ein ehernes Gesetz, daß nichts im Kosmos verlorengeht. Nur der stete Wandel ist beständig.«

»Wann…?« wollte der Scientologe Hage Nockemann wissen. Er schluckte krampfhaft und begann von neuem: »Wann wird der Urknall stattfinden? Sicher weißt du darauf eine Antwort.«

»Natürlich.« Neithadl-Off vollführte eine zustimmende Geste. »In genau einer Sekunde.«

Jemand lachte schrill.

Es war Chipol. Er verstummte abrupt, und schluckte schwer, als Atlan ihn ansah.

»Eine Sekunde«, stieß er schließlich hervor. »Das ist lächerlich.«

»Das glaubst du«, sagte Neithadl-Off. »Wir befinden uns in der Nichtzeit. Der exakte Begriff dafür ist allerdings Temporalsumpf oder auch Zeitsumpf, das kannst du halten wie du willst. Die Nichtzeit liegt zeitlich genau eine Sekunde vor dem Urknall und heißt so, weil keine Zeit vergeht. Deshalb kann die Sekunde auch eine kleine Ewigkeit währen, um es für euch verständlich auszudrücken.«

»Mann, o Mann«, schnaufte Chipol. »Du hast es faustdick hinter den Ohren. Eine derart haarsträubende Lügengeschichte habe ich noch nie gehört.«

»Banause«, stieß die Vigpanderin schrill hervor, dann strafte sie den Jungen mit Nichtachtung. Hauptsächlich an Atlan gewandt, fuhr sie fort: »Ich betone nochmals, daß für uns keine Zeit verstreicht.«

»Aber wir atmen«, widersprach Colemayn. »Wir bewegen uns, wir reden miteinander. Das alles sind Vorgänge, die Zeit benötigen. Wie kannst du…«

»Ich glaube, die Prinzessin hat recht«, seufzte der Arkonide. »Es fällt schwer, zu glauben, daß die Zeit stillsteht, doch das ist wohl nur eine Frage der Gewöhnung.



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