»Sterben kommt nicht in Frage, Mama!« by Judith End

»Sterben kommt nicht in Frage, Mama!« by Judith End

Autor:Judith End [End, Judith]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783426403716
Herausgeber: Knaur e-books
veröffentlicht: 2014-12-16T00:00:00+00:00


8. März

Hast du dir eigentlich gemerkt, was ich dir über den Arzt erzählt habe, der hier arbeitet, Paula?« Wir sitzen das erste Mal gemeinsam in Dr.T.s Wartezimmer und obwohl ich sicher bin, das Richtige zu tun, indem ich ihm Paula vorstelle, drückt etwas Schweres auf meine Brust, und ich fühle mich ganz elend. Ich schleppe meine kleine Tochter zu einem Seelenklempner. Mit gerade einmal vier Jahren. Wieder ein Beweis, dass uns etwas wirklich Furchtbares passiert sein muss. Paula hat auch schon Lunte gerochen und betrachtet nur vorsichtig das Puppenhaus im Wartezimmer, statt sich darauf zu stürzen. »Du hast gesagt, dass ich alleine reingehen soll«, sagt sie und guckt mich böse an.

»Das meine ich nicht. Ich meine, dass das ein Arzt für die Seele ist. Jemand, dem man alles erzählen kann, was man will. Wovor man Angst hat, worüber man sich ärgert, Geheimnisse, wenn man will. Und er sagt es niemandem weiter. Du bist ja nicht krank, also musst du eigentlich auch nicht zum Arzt. Aber wenn du mit jemandem reden willst, vielleicht über den Kindergarten oder über mich, dann kannst du das mal mit Dr.T. versuchen, der ist nämlich ganz nett und kann super zuhören.«

»Aber du kommst mit?«

»Ja, ich komme erst mal mit. Und dann bin ich hier, und du kannst immer kommen, wenn du es doof findest.«

Wir werden aufgerufen, und ich führe eine zu recht skeptische Paula an der Hand in das Therapiezimmer eines Kinderpsychologen für Härtefälle. Kann das sein?

Doch mein ungutes Gefühl verfliegt, als wir Dr.T. gegenübersitzen. »Du bist also Paula, schön, dich kennenzulernen.« Er lächelt, aber Paula lächelt nicht zurück. »Wen hast du denn da mitgebracht?« Paula antwortet nicht, drückt ihren Dumbo nur ein bisschen fester an ihre Brust. »Verrätst du nicht, wie dein Elefant heißt?« Nein, verrät sie nicht. Und auch nicht, wie alt sie ist, und auch nicht, ob sie in den Kindergarten geht, und auch nicht, wie ihre Freunde heißen. Ihre kleine Hand bildet einen Schraubstock um meine Finger, und selbst die vielen Figuren, die Dr.T. jetzt aus einer Schachtel zaubert, entlocken ihr keine Gesichtsregung und kein Wort. Ob sie etwas zeichnen wolle? Nein. Ob sie lieber mit den Figuren spielen und etwas Hübsches aufbauen möchte? Nein, auch nicht. Gar nichts will sie, nur Mama das Blut in der Hand abdrücken.

»Ist es denn in Ordnung, wenn deine Mama für ein paar Minuten nach draußen geht? Uns fällt bestimmt etwas Schönes ein, das wir spielen können.« Dr.T. gibt nicht auf, und zumindest ist jetzt sicher, dass Paula ihre Stimme nicht im Wartezimmer vergessen hat, denn sie brüllt: »Nein! Mama muss hierbleiben!« Herrje, was mache ich denn da? Ich will meinem Kind doch helfen, und jetzt setze ich sie schon wieder so einer abwegigen Situation und einem ihr völlig fremden Onkel Doktor aus, der zwar hoch motiviert, aber ohne die geringste Aussicht auf Erfolg versucht, Paulas Gunst zu gewinnen.

»In Ordnung«, beschwichtigt Dr.T. »Mama bleibt hier. Aber wenn du auf ihrem Schoß sitzen bleiben kannst, dann malst du ihr vielleicht ein schönes Bild, wäre das nicht eine



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