Aschenputtels letzter Tanz by Kathleen Weise

Aschenputtels letzter Tanz by Kathleen Weise

Autor:Kathleen Weise [Weise, Kathleen]
Die sprache: deu
Format: mobi
Tags: Moor, Märchen, Thriller, Krimi
ISBN: 9783522651516
Herausgeber: Planet Girl
veröffentlicht: 2012-09-10T17:01:37+00:00


Das Abendessen ist eine schweigsame Angelegenheit, Tante Luise steht schon nach fünf Minuten vom Tisch auf und auch Großmutter sieht aus, als würde sich über ihr ein Gewitter zusammenbrauen. Der Einzige, der versucht, die Stimmung zu heben, ist Onkel Gerhard. Unaufhörlich erzählt er von der Arbeit und was sich seit unserem letzten Besuch in Mahnburg alles ereignet hat, aber während er redet, trommelt er nervös mit seinen langen Fingern auf dem Knie herum.

»In der Stadt brodelt es, vorhin kam es zu Ärger mit ein paar angetrunkenen Jungs vom Scherbenberg, die nicht einsehen wollten, dass man den Zugang dazu erst einmal gesperrt hat. Ein Junge hat sogar einen Polizisten geschlagen, das hat natürlich Tumult ausgelöst.«

Weil ich neben ihm sitze, kann ich sehen, dass er ab und zu die Hand zur Faust ballt. Nachdem ihm die Geschichten ausgegangen sind, putzt er seine Brille und wirft mir ein schiefes Lächeln zu, aber weil er ohne Brille nicht viel sieht, blinzelt er dabei komisch und das Ganze wirkt eher verstörend als beruhigend.

Der Streit mit der Polizei muss ausgebrochen sein, nachdem Tobi und ich wieder vom Scherbenberg verschwunden sind. Glück gehabt.

»Ich bin auch müde«, sagt Elsa hastig, als das Handy in ihrer Hosentasche plötzlich anfängt zu klingeln. »Ich werde mich hinhauen.«

Ich weiß genau, dass sie es nur tut, damit wir nicht mitkriegen, wer sie anruft. Mein düsterer Blick brennt sich in ihren Rücken, aber sie scheint nichts davon zu spüren. Auf dem Gang höre ich sie jedoch sagen: »Du kannst mich mal …«, bevor ihre Worte undeutlich werden, weil sie durch die Flügeltür gegangen ist.

Frustriert verziehe ich mich ins Wohnzimmer, dort steht wenigstens ein Fernseher.

Doch als ich ins Zimmer komme, sitzt Tante Luise an dem alten Sekretär und hält vollkommen erstarrt ein Blatt Papier in der Hand. Sie sieht mich auch nicht an, als ich »Hallo« sage, deshalb gehe ich zu ihr und sehe ihr über die Schulter. Sie hält ein Foto von Elsa in der Hand. Vor ihr auf der Arbeitsplatte liegen noch weitere neben einer Fotobox, die früher mal eine Schachtel Pralinen war. Alle Bilder zeigen Elsa beim Tanzen. Als kleines Mädchen bei ihren ersten Trainingsstunden und dann später bei den Aufführungen mit ihrem Ensemble. Es ist auch eines dabei, als sie ihre bandagierte Hand in die Kamera hält. Damals hatte sie sich nach einem verunglückten Sprung den kleinen Finger gebrochen.

Es tut weh, die Bilder anzusehen. Vor dem dunklen Bühnenhintergrund strahlt sie beinahe und die Schwerkraft scheint für sie nicht zu gelten.

Als die Schwanenprinzessin noch fliegen konnte.

Nur langsam hebt Tante Luise den Blick. Ihr Gesicht ist ausdruckslos und um den Mund haben sich tiefe Falten eingegraben. An diesem Abend hat sie so große Ähnlichkeit mit Großmutter, dass es mich ein bisschen erschreckt.

»Ich habe auch eines von deiner Mutter«, sagt sie völlig zusammenhanglos und erhebt sich.

Aus einer Box in der Regalwand holt sie ein weiteres Foto, das sie mir entgegenhält. Es ist schon ein bisschen verblasst und eine Ecke ist abgeknickt, aber trotzdem kann man die Personen, die darauf abgebildet sind, noch gut erkennen. Es sind sie und Mutsch, wie sie an einer beschmierten Häuserwand stehen.



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