Arschkarte by Heiko Thieß

Arschkarte by Heiko Thieß

Autor:Heiko Thieß [Thieß, Heiko]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
ISBN: 9783492968751
Herausgeber: Piper Verlag GmbH
veröffentlicht: 2014-10-30T23:00:00+00:00


3… 2… 1… seins!

»Sie hat einen festen Freund. Seit zehn Jahren!«

Meine zusammengezogenen Pupillen starren auf die SMS von Nils. Die Buchstaben verschwimmen. Ist da nicht doch ein »k« vor dem »einen«? Mit »keinen Freund, seit zehn Jahren« könnte ich leben. Noch unter Schock logge ich mich bei Facebook ein und rufe Vivianes Seite auf. Trotz Magenkrämpfen klicke ich auf »Info«. Der Beziehungsstatus wäre mir doch sofort aufgefallen. Der war schließlich das Erste, das ich gecheckt habe, nachdem sie mich zu ihrer Freundesliste hinzugefügt hatte. Aber nichts. Kein »in einer Beziehung«, kein »es ist kompliziert« und schon gar kein »verheiratet mit«. Ich kann es nicht leiden, wenn Frauen ihren Beziehungsstatuts verheimlichen. Wozu gibt es denn bitte schön Facebook? Doch wohl dafür, dass »Mann« Frauen in aller Ruhe und Anonymität stalken kann, damit er weiß, woran er ist. Nervös scrolle ich ihre gesamte Pinnwand herunter. Klopfe jeden Post daraufhin ab, ob sie die Wörter »Freund«, »Schatz« oder einen behämmerten Kosenamen enthalten. Nichts.

Bis zum Kommentar einer gewissen Nicola: »Freuen uns schon auf den Abend mit euch beiden. Und sag deinem Mann, diesmal ohne Bierdusche :-).«

Mann?! Wieso kann das keine halb gare Affäre sein? Oder eine langjährige Beziehung, die ohne Höhepunkte vor sich hindümpelt und in der jeder nur auf den richtigen Zeitpunkt zum Schlussmachen wartet. Darauf, dass einer von beiden den Mumm aufbringt zu sagen: »Du langweilst mich.« Bei meinem Glück besteht noch nicht einmal die vage Hoffnung, dass er sie in absehbarer Zeit mit einer Kollegin oder sonst wem betrügt. Also keine Gelegenheit für mich, den Retter zu spielen. Es hat keinen Zweck. Die Hoffnung stirbt vielleicht zuletzt, aber das bedeutet nur, dass sie besonders langsam und qualvoll verreckt. Allerschlimmstes Siechtum. Der Geliebte zu sein hat zwar auch seine Vorteile – man hat zum Beispiel öfter seine Ruhe. Leider heißt das aber auch, dass sie in diesen Momenten bei ihm ist.

»Wieso erfahre ich das erst jetzt?!«, texte ich zurück.

Die Antwort kommt prompt: »Weil du mir gerade erst erzählt hast, dass sich zwischen euch was Ernsthaftes entwickelt. Dachte vorher, du wärst bloß scharf auf sie.«

War ich auch. Und bin es immer noch. Aber ein Abend kann vieles verändern. Und eine Umarmung, die eindeutig sagt: »Lass mich nie wieder los«, erst recht. Der Abschiedskuss nach unserem Kinoabend war nur die logische Folge. Ohne Karussell im Kopf. Ohne Orchester. Es fühlte sich einfach richtig an. Bis jetzt.

Morgen mache ich krank, so viel steht fest. Wie soll ich mich jetzt auf Fußpilzsalbe konzentrieren?! Das ist mit freiem Kopf schon schwer genug. Ich brauche Zeit für mich. Ich muss nachdenken.

Als die ersten Sonnenstrahlen durch die Gardinen schimmern, verkrieche ich mich unter meiner Decke und sorge wieder für angenehme Dunkelheit. Ich verspüre absolut keinen Bedarf, aufzustehen oder mich auch nur ansatzweise zu bewegen. Auf meinem Handy ist schon vor langem eine WhatsApp-Nachricht angekommen – aber ich will nicht, dass sie mich erreicht. Könnte schließlich Viviane sein. Und das Letzte, was ich jetzt brauche, sind scheinheilige Entschuldigungen. Am besten ungelesen löschen. Schaffe ich natürlich nicht. Der Akku meines Handys piept.



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