Archer Jeffrey by Die Kandidaten

Archer Jeffrey by Die Kandidaten

Autor:Die Kandidaten [Kandidaten, Die]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-03-28T12:32:53+00:00


Bill Russell sah Nat und Tom über seinen Schreibtisch hinweg an.

»Genau das habe ich mir immer gewünscht«, sagte er. »In zwei Jahren werde ich sechzig und da habe ich mir wohl das Recht erworben, nicht jeden Morgen um zehn die Bank aufschließen und sie nachts, bevor ich nach Hause gehe, wieder abschließen zu müssen. Der Gedanke, dass ihr beide zusammenarbeitet, erfüllt mein Herz mit Freude – um die Frohe Botschaft zu zitieren.«

»Von der Frohen Botschaft mal abgesehen«, sagte Tom, »geht es uns ebenso, Dad. Wo sollen wir anfangen?«

»Mir ist natürlich bewusst, dass die Bank in den letzten Jahren hinter ihren Mitbewerbern zurückgefallen ist. Vielleicht legen wir als Familienunternehmen einfach mehr Wert auf die Beziehung zu den Kunden als auf das Geschäftliche. Das ist etwas, was deinem Vater bestimmt gefällt, Nat. Vielleicht hat er aus diesem Grund seit über dreißig Jahren ein Konto bei uns.« Nat nickte zustimmend. »Ihr wisst ja auch, dass uns ein oder zwei Mal andere Banken schlucken wollten, aber auf diese Weise will ich meinen Berufsweg nicht beenden – als Leiter einer anonymen Filiale irgendeiner Großbank. Ich sage euch, was mir vorschwebt. Ich möchte, dass ihr beide in den ersten sechs Monaten die Bank von oben bis unten durchleuchtet. Ich gebe euch carte blanche – ihr dürft alle Fragen stellen, alle Türen öffnen, alle Akten lesen, alle Konten einsehen. Am Ende der sechs Monate werdet ihr mir sagen, was getan werden muss. Und denkt auch nicht eine Sekunde darüber nach, meine Gefühle zu schonen, denn ich weiß, wenn es die Russell Bank ins nächste Jahrhundert schaffen will, dann müssen wir von Grund auf erneuert werden. Wie lautet also eure erste Frage?«

»Kann ich bitte den Schlüssel zur Tür bekommen?«, bat Nat.

»Warum?«, wollte Mr Russell wissen.

»Weil 10 Uhr als Öffnungszeit für die Belegschaft einer progressiven Bank etwas zu spät ist.«

Als Nat mit Tom am Steuer nach New York zurückfuhr, teilten sie untereinander ihre Verantwortungsbereiche auf.

»Dad war sehr gerührt, dass du Chase abgesagt hast, um zu uns zu kommen«, meinte Tom.

»Du hast dasselbe Opfer gebracht, als du die Bank of America verlassen hast.«

»Schon, aber der Alte Herr ist immer davon ausgegangen, dass ich ihn ablöse, sobald er seinen fünfundsechzigsten Geburtstag feiert. Und ich wollte ihn schon warnen, dass ich das nicht tun werde.«

»Warum nicht?«, erkundigte sich Nat.

»Ich habe weder die Visionen noch die Ideen, die nötig sind, um die Bank zu retten. Du aber schon.«

»Zu retten?«, meinte Nat.

»Ja. Wir wollen uns nichts vormachen. Du hast die Bilanz gesehen, also weißt du so gut wie ich, dass wir gerade noch genug verdienen, damit meine Eltern ihren Lebensstandard aufrechterhalten können. Aber die Gewinne sind seit Jahren nicht gestiegen. In Wahrheit braucht die Bank deine Fähigkeiten mehr als einen Packesel wie mich. Darum müssen wir uns über eine Sache einigen, bevor es zum Thema wird: Was die Bank angeht, beabsichtige ich, an dich als Geschäftsführer zu berichten.«

»Aber du wirst dennoch Vorstandsvorsitzender werden müssen, sobald dein Vater in den Ruhestand geht.«

»Warum?«, fragte Tom. »Du wirst doch derjenige sein, der alle strategischen Entscheidungen trifft.«

»Weil die Bank deinen Namen trägt und in einer Stadt wie Hartford ist das immer noch wichtig.



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