Anna Otto - Liebe mit Verfallsdatum by Blanca Imboden

Anna Otto - Liebe mit Verfallsdatum by Blanca Imboden

Autor:Blanca Imboden
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
Herausgeber: Woerterseh Verlag
veröffentlicht: 2014-06-08T22:00:00+00:00


Ich packe meine Sachen aus, stopfe die dreckigen Kleider in die Waschmaschine und lese im Internet unsere Zeitung nach. Ich beantworte ein paar E-Mails. Bei Facebook melde ich mich zurück, kommentiere da und dort ein paar Einträge, poste ein sonniges Italienfoto. Ich mache einen kleinen, eher unruhigen Mittagsschlaf.

Lustlos lungere ich später in der Wohnung herum. Ich meinem Kopf drehen sich die Gedanken, meine Gefühle fahren Karussell. Otto meldet sich nicht, dabei hat er heute auch noch frei.

Auch ich melde mich nicht.

Wars das?

Ich weiß es nicht.

Das Telefon klingelt. Meine Mutter!

»Ich habe grad auf Facebook gesehen, dass du wieder zu Hause bist.«

Jetzt bekommt sie die einmalige Chance, sich wieder als Mutter in mein Leben einzubringen. Denn als sie mich fragt, wie die Ferien waren, und ich immer nur vom schönen Italien erzähle, bohrt sie weiter.

»Na, dass Italien schön ist, wussten wir doch schon. Wie war es mit Otto? Man lernt sich doch kennen, wenn man erstmals gemeinsam Urlaub macht.«

Ich überlege nicht lange, ob ich mich meiner Mutter anvertrauen kann, soll oder will. Ich breche in Tränen aus, und am Ende erzähle ich ihr meine ganze persönliche Feriengeschichte. Ich muss jetzt einfach mit jemandem reden. Und Mama ist endlich mal zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Sie hört zu, fragt nach, lässt mich erzählen. Es tut gut, alles loszuwerden, auch meine großen Zweifel und Fragen.

»Ach, Anna«, sagt meine Mutter »machst du es dir nicht wieder einmal viel zu schwer?«

Ich sei doch nicht verheiratet, hätte keine Kinder, sei überhaupt nicht an Otto gebunden.

»Du kannst die Beziehung sofort beenden, wenn du das Gefühl hast, der Mann lade dir nur seine Probleme auf. Du konntest am Anfang nicht wissen, wer er wirklich ist. Jetzt weißt du es. Du bist zu nichts verpflichtet. Mach einen sauberen Schlussstrich.«

Klingt einleuchtend. Sie hat total recht.

»Aber weißt du, vielleicht spürst du auch, dass er es wert ist, dass eure Liebe stark ist. Vielleicht bist du bereit, seine Probleme mitzutragen, weil sie nun mal ein Teil von Otto sind. Dann hör auf zu jammern und versuch, ihm zu helfen, was immer das heißt.« Mama hat gesprochen.

Mein Ohr ist richtig heiß geworden, so lange hat das Gespräch gedauert.

»Danke, Mama.«

»Schon gut. Du weißt ja, wo ich bin. Du hast immer noch eine Mutter, wenn alles schiefläuft. Ich umarme dich.«

Dann legt sie auf.

Ich habe eine Mutter. Stimmt. Gerade in diesem Moment hat sie mir sehr gutgetan. Sie hat vielleicht in meiner Kindheit versagt, aber ich muss ihr trotzdem noch eine Chance geben. Jedenfalls hat sie es auf den Punkt gebracht: Ich bin ein freier Mensch, aber ich muss mich entscheiden.

Ich setze mich vor den Fernseher und zappe wieder einmal durch die Sender. Auf einem Musikkanal bleibe ich hängen. Da läuft ein Mann durch eine menschenleere Welt, durch die Wüste, durchs Eis, durch eine ausgestorbene Stadt. Und er singt: Du bist das Pflaster für meine Seele …



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