Angeheuert und umgedreht by Nick Holzner

Angeheuert und umgedreht by Nick Holzner

Autor:Nick Holzner
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Gmünder
veröffentlicht: 2016-11-15T00:00:00+00:00


Der Pakt mit dem Kapitän

Die nächsten Schichten, die nächsten drei Tage gingen komplett an mir vorbei, obwohl ich mitmachte. Arbeiten, essen, duschen, schlafen oder umgekehrt. Durch die Schichtwechsel fand ich keinen regelmäßigen Rhythmus, aber das störte mich nicht. Was mich störte, war, dass ich mich irgendwie verloren hatte. Ich nahm kaum noch Anteil am Geschehen um mich herum. Sven und besonders Eric fragten mich ein paarmal, was mit mir los sei, weil ich bei Gesprächen oder Späßen den Anschluss verlor. Ich wiegelte sie ab, klinkte mich aber aus dem abendlichen Programm aus. Wartete auf ein Wort, einen Wink von Krögerson, doch ich bekam ihn nicht mal zu Gesicht.

Währenddessen walzte sich die Vagevuur bisweilen mutterseelenallein durch die sanften Wogen des Atlantiks. Nur selten sichteten wir andere Frachter oder Schiffe. Ringsum nichts als Meer. Tagsüber war es heiß, aber abends frischte es ein bisschen auf, sodass zumindest das Schlafen keine Probleme machte.

Und am dritten Abend nach dem Fick mit Krögerson stand plötzlich Foxi in unserer Kabine. Außer mir war nur Sven da, aber wir hatten uns schon in die Kojen gelegt. 'Ziehen Sie sich an, Busch', meinte er förmlich. 'Der Kapitän will Sie sehen.'

Diskret wartete er vor der Tür, bis ich mich angezogen hatte und auf dem Gang erschien. Ich konnte mir selbst nicht erklären, was los war, geschweige denn dem fragenden Sven. Warum wurde ich mitten in der Nacht zum Kapitän gerufen? Warum wirkte Foxi so nervös, fast schuldbewusst? Meine Fragen auf dem Weg übers Schiff ließ er unbeantwortet. Doch ich merkte, dass er noch bekümmerter war als neulich während der Wache. Er machte mir richtig Angst. Außerdem wunderte ich mich, dass wir nicht zur Brücke gingen, wo ich den Kapitän vermutet hatte, sondern zum Heck der Vagevuur und eine Treppe nach unten, die ich bisher nicht kannte. Und weiter runter, bis ins Unterdeck, wo die Schiffsmotoren wummerten. Foxi zog einen Schlüssel heraus und öffnete eine schwere Stahltür. Ich trabte hinter ihm her durch das nur von ein paar Notlampen spärlich beleuchtete Labyrinth aus Schotts und Eisenträgern. Schattenhaft bemerkte ich hinter dieser oder jener Wand Gestalten, die sich bewegten, hörte seltsame Laute, Stöhnen, Grunzen, Röcheln, aber ich konnte nichts erkennen. Dann blieb Foxi plötzlich in einer besonders dunklen Ecke stehen.

'Herr Kapitän, der Ordinary Seaman Busch.'

Nur langsam gewöhnten sich meine Augen an die Umgebung. Vor mir, auf einem Ledersessel, der erhöht auf einer kniehohen Rampe stand, saß breitbeinig, ein Whiskyglas schwenkend, Kapitän van Hoorn. Uniform, aber keine Mütze. Stiefel, keine Halbschuhe. Er thronte vor mir im Dunkeln wie der Gott einer Unterwelt. Komischerweise war ich völlig ruhig. Nicht aus Ergebenheit, vielmehr hochkonzentriert, meine Energien gebündelt auf die nächste Aktion. Ich war bereit zur Flucht, zum Angriff, zur Gegenwehr oder zu einem zwanglosen Gespräch. Keine Ahnung, was mich erwartete.

'Du kannst gehen, Carron', entließ Van Hoorn meinen Begleiter. Ohne den Blick von meinem Gegenüber zu wenden, hörte ich, dass Foxi sich entfernte, während Van Hoorn zu einer Flasche griff und ein zweites Glas füllte, das er mir reichte.

'Magst du Whisky, Busch?', fragte er. Van Hoorn war schon ziemlich betrunken, verschüttete beinah den Drink, bevor ich ihn annehmen konnte.



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