Anders als die anderen by Freisleder Franz Joseph; Hordych Harald

Anders als die anderen by Freisleder Franz Joseph; Hordych Harald

Autor:Freisleder, Franz Joseph; Hordych, Harald [Freisleder, Franz Joseph; Hordych, Harald]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783492967228
Herausgeber: Piper
veröffentlicht: 2015-06-10T16:00:00+00:00


Begegnung mit Lukas

Zu einem gemeinsamen Abendessen von Vater und Sohn kam es an diesem Donnerstag nicht mehr. Nachbarn haben, nicht zum ersten Mal beunruhigt und genervt vom Gebrüll der beiden Männer über ihnen, bei der Polizei angerufen. Die zwei Beamten haben einen tobenden Jugendlichen vorgefunden, der offensichtlich im Streit mit seinem Vater nicht nur diesen körperlich attackiert, sondern auch einige Möbelstücke in seinem Zimmer und Teile seines Computers zerstört hatte. Daraufhin brachten sie Lukas noch am selben Abend in unsere Klinik zur psychiatrischen Abklärung.

Von der Erregung und Aggression ist im Gespräch mit der diensthabenden Kinder- und Jugendpsychiaterin kaum mehr etwas zu spüren. Lukas wirkt vielmehr erschöpft, geknickt und fast peinlich berührt, als ein Beamter die Umstände des Polizeieinsatzes schildert. Mittlerweile ist auch Herr Werckener in der Klinik eingetroffen und erscheint ebenso mitgenommen und hilflos wie sein Sohn. Weitgehend übereinstimmend berichten Lukas und sein Vater von ihren in letzter Zeit häufigen lautstarken Auseinandersetzungen wegen der ausufernden Computerbenutzung des Sohnes. So eskaliert wie heute sei der Streit aber noch nie.

Bei der Untersuchung entsteht der Eindruck, dass es zwischen Lukas und seinem Vater grundsätzlich einen guten emotionalen Bezug gibt. Im Augenblick wirken beide aber überfordert und ratlos. Wir bieten unserem jungen Patienten an, wenigstens für eine Nacht zur Krisenintervention und zur weiteren diagnostischen Abklärung in der Klinik zu bleiben. Vater und Sohn bestehen aber darauf, wieder nach Hause zu fahren. Da aus unserer Sicht bei Lukas aktuell weder Suizidalität noch Fremdgefährdung bestehen, respektieren wir natürlich diesen Wunsch. Dringend empfehlen wir jedoch einen Termin in unserer Suchtambulanz. Und es scheint, dass Lukas und sein Vater dieses Angebot annehmen wollen. Zehn Tage später kommt es in der Klinikambulanz zu einer zweiten Begegnung mit den beiden. In einer zweistündigen, ausführlichen Exploration wird deutlich, dass Lukas seit mindestens drei Jahren einen immer ausgeprägteren Computerspielkonsum betreibt. Er selbst kann für dieses Verhalten keine konkreten Gründe angeben. Wenn man ihn bei seinem exzessiven Hobby zu unterbrechen versuche, gerate er regelmäßig in Rage. Auf Nachfrage gibt er an, dass seine Gedanken meistens auch dann um das Spielen kreisten, wenn er einmal mit etwas anderem beschäftigt sei.

Als Lukas etwas ausführlicher von seinem Leben berichtet, fällt auf, wie gerne er sich in Phantasiewelten aufhält. Bemerkenswert ist seine früheste Erinnerung: Da sieht er sich ganz allein mit einer viel zu großen Schultüte auf dem Schulhof stehen, während er etwas ängstlich die anderen, ihm noch fremden Kinder beim Spielen und Toben beobachtet und sich dabei wünscht, eines von ihnen zu sein. Überhaupt nicht erinnern kann sich Lukas daran, wie einige Monate zuvor seine Mutter plötzlich die Familie verlassen hat. In späteren Jahren, als die Begegnungen mit der Mutter immer seltener und die kurzen Reisen im Kreis ihrer neuen Familie für ihn eher zur Tortur werden, kommt es bei Lukas, wie er erzählt, häufig zu Phantasiebildungen, über die er mit niemandem spricht. Oft stellt er sich dann seine Mutter vor, wie sie sich mit seinen kleinen Halbgeschwistern liebevoll beschäftigt und ihn selbst dabei ganz vergessen zu haben scheint. Sehnsuchts- und Hassgefühle vermischen sich.

Da dem Einzelkind



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