Am Stillen Ozean by Karl May

Am Stillen Ozean by Karl May

Autor:Karl May [May, Karl]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Action & Adventure
Herausgeber: MobileRead
veröffentlicht: 2012-01-25T10:57:55+00:00


Der Brodnik.

1.

Gefährliche Bekanntschaften

Wenn ich in stillen Stunden die Erlebnisse meines vielbewegten Lebens an mir vorüberziehen lasse, so drängt sich meinem Geiste vor allen Dingen die Mannigfaltigkeit der Erscheinungen auf, welche die Erinnerung mir vor die Augen führt. Die Erscheinungen des kalten, starren Nordens und des glühenden Südens, des jungen Westens und des altersgrauen Ostens haben sich meinem Gedächtnisse eingeprägt, und es bedarf oft einer gewissen Anstrengung, diese an Form und Farbe so verschiedenartigen Bilder genau auseinander zu halten. Ich habe mir überall Früchte gepflückt, materielle für den Körper und geistige für die Seele. Von diesen Früchten gleicht keine der andern an Gestalt, Farbe und Geschmack, an Art und Tiefe ihrer geistigen Wirkung, denn jedes Land hat seinen eigenen Boden und infolgedessen auch seine eigenartigen Entwicklungsformen, seine eigenartigen physikalischen und psychischen Erscheinungen. Eine einzige Frucht ist es, welche ich in allen Ländern, bei allen Völkern pflückte, eine Frucht, welche mir an den norwegischen Fjords ebenso wie in der wasserleeren Sahara, am Marannon ebenso wie am Jang-dse-kiang reifte: die Erkenntnis nämlich, daß ein großer, allmächtiger, allgütiger und allweiser Schöpfer waltet, der nicht bloß die Sonnen um die Welten wirbelt, sondern den Wurm im Staube bewacht, die Tiefen des Meeres und die Höhen der Berge bestimmt, mit seinem Odem den Halm des Grases und die Wedel der Palme bewegt, im Brausen des Kataraktes, im Heulen des Sturmes und im Brande des Vulkanes zu uns spricht, im Tropfen ebenso waltet wie im Oceane, im Zweige wie im Urwalde, im einzelnen Menschen wie im ganzen Volke, und ohne dessen Willen kein Sonnenstäubchen fliegt, kein Blättchen fällt und kein Haar unsers Hauptes verloren geht.

Ein großer, Staunen erregender, Ehrfurcht erweckender Zusammenhang, der unserm Auge nur zuweilen für einen kurzen Augenblick entschwindet, geht durch die ganze Reihe der kreatürlichen Erscheinungen. Keiner kann sich ihm entziehen: Alle sind ihm unterthan. Er macht sich bemerkbar ebensowohl in der äußeren Wesenfolge wie in der inneren Entwicklung des einzelnen Menschen und seines Geschlechtes. Er verbindet die einzelnen Räume ebenso wie die Stunden und Jahrhunderte und bringt eine Gerechtigkeit zur Offenbarung, in deren Tiefen unsere schwache Erkenntnis nicht zu dringen vermag. Eine jede Pflanze zeitigt ihre Frucht; eine jede That, mag sie nun von dem einzelnen oder von der Nation geschehen, trägt den Keim ihrer Vergeltung in sich.

Wie oft bin ich grad dieser Gerechtigkeit begegnet, den ganz natürlich und doch so erstaunlich entwickelten Folgen einer That, die von Menschen nicht beachtet oder längst vergessen worden war und deren Urheber noch in fernen Zeiten oder in fernen Ländern ganz plötzlich von Dem getroffen wurde, von dem der Psalmist singt: »Wo soll ich hingehen vor Deinem Geiste, und wo soll ich hinfliehen vor Deinem Angesichte? Führe ich gen Himmel, siehe, so bist Du da; bettete ich mir in die Hölle, siehe, so bist Du auch da; nähme ich die Flügel der Morgenröte und flöge ans fernste Meer, so würde doch Deine Hand daselbst mich führen und Deine Rechte mich halten!«

Längst vor den im Kiang-lu erzählten Erlebnissen befand ich mich wieder einmal in der Heimat, und



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