Am Ende des Tages by Hültner Robert
Autor:Hültner, Robert [Robert, Hültner,]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: btb
veröffentlicht: 2013-02-14T23:00:00+00:00
22.
Kajetan war erleichtert. Die Lichter des Thalbacher Bahnhofs flimmerten durch die Finsternis. Der Weg war zuletzt nur noch mit Mühe zu erkennen gewesen. Aber es war ihm gelungen, die Strecke in fast genau der Zeit zurückzulegen, die auch der wandernde Schlosser zu Protokoll gegeben hatte. Der Zug nach Mühldorf würde in ein paar Minuten eintreffen. Kajetan beschleunigte seine Schritte.
Minuten später stieà er die Tür zur Wartehalle auf. Sie war unbeleuchtet. Aus dem Raum hinter der Kassenkabine drang matter Lichtschein. Hinter ihm fiel die Tür klackend ins Schloss.
»Hallo?«, rief Kajetan.
Ein gedämpftes, gelassenes »Komm gleich!« antwortete ihm. Wenig später erschien der Stationsleiter in der Kassenkabine und sah sich in der düsteren Halle suchend um. Kajetan trat auf ihn zu. Ein spärliches Lächeln des Wiedererkennens hellte die Miene des Beamten auf.
»Hättens Ihnen gar nicht so beeilen brauchen, Herr«, sagte er, während er den obersten Kragenknopf schloss. »Der Fünfezug fällt heut aus. Lokschaden, irgendein Viehzeugs ist wieder mal aufs Gleis gelaufen. Der nächste geht erst wieder um drei viertel acht.«
Kajetan lieà die Schultern hängen. Noch eine Nacht in dieser weltvergessenen Gegend? Der Stationsbeamte beruhigte ihn: »Wenns den Dreiviertelacht-Zug nehmen, könntens in Mühldorf den letzten Zug nach München grad noch erwischen.« Er deutete auf die Wartebank und ging zum Lichtschalter. »Mögens Ihnen derweil hinhocken? Ich reib Ihnen das Licht auf, wenns recht ist.«
Er wartete Kajetans Antwort nicht ab. Eine trübe Deckenlampe flackerte auf. Der Beamte hob bedauernd die Schultern und gähnte. »So ist es halt einmal bei uns herauÃen, gell? Passiert öfters, leider.«
»Kann man nichts machen«, seufzte Kajetan.
»Ja. Muss man nehmen, wies kommt.« Der Beamte lächelte traurig. »Aber man gewöhnt sich dran.«
Kajetan nickte, nahm auf der Bank Platz und streckte die Beine von sich.
Bleibt einem auch nichts anderes übrig, dachte er.
Der Stationsleiter wirkte zerstreut. Er rieb sich die Hände. »Frisch ists geworden, gell?«
Kajetan sah nach drauÃen. Die Nacht war schwarz. »Ist eben nimmer Sommer.«
»Da habens Recht«, sagte der Beamte. »Der ist vorbei. Könnt eins ganz trübselig werden.« Wieder gähnte er. »Aber man findet sich mit der Zeit drein. Man muss sich halt beschäftigen, gell? Ich hab einen Garten hinterm Haus und ein bisserl Viech, da wirds mir nicht langweilig.«
»Aha«, sagte Kajetan abwesend.
»Und wenn ich Zeit hab, schreib ich Gschichterl. Was alles so passiert auf so einem kleinen Bahnhof, verstehens? Das ist oft schon interessant.«
Kajetan gähnte. »Glaub ich«, sagte er.
»Bin ja jetzt auch schon seit dem Krieg da. Im Winter vorletztes Jahr hab ich mein Zehnjähriges gehabt.«
Kajetan zog die FüÃe ein.
»So lang schon?«
Der Beamte nickte mit müdem Stolz. »Wenn ichs sag.«
»Sie müssen doch bestimmt auch ein Journal führen, oder?«
»Freilich. Wann der Zug gekommen und abgefahren ist, obs besondere Vorkommnisse gegeben hat, alles muss eingetragen werden. Ist Pflicht.«
»Interessant«, sagte Kajetan. Sein Herz klopfte schneller. »Wenn ich jetzt beispielsweis wissen möcht, ob der Fünfer-Zug am â sagen wir mal irgendeinem Tag â¦?«
Der Beamte nickte aufmunternd. »Sagens mir irgendeinen.«
»â sagen wir, am zweiten Dezember achtzehn â¦?«
Der Beamte bekräftigte stolz: »Dann steht das alles drin. Ob er pünktlich gekommen und abgefahren ist, wie viele Billetts ich verkauft hab und alles.
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