30 Keller by Kaluza Stephan

30 Keller by Kaluza Stephan

Autor:Kaluza, Stephan [Kaluza, Stephan]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Krimi/Thriller
Herausgeber: Frankfurter Verlags-Anstalt
veröffentlicht: 2014-02-24T23:00:00+00:00


5.

Meisner rieb sich die Augen und sah, wie die Tür sich öffnete, Ronaldo trat ein: »Guten Abend, Herr Meisner. Sagen Sie nur, Sie sind da sitzen geblieben, den ganzen Tag über?«

»Ja.«

»Und Sie haben wieder geträumt?«

Meisner nickte unwirsch: »Gibt es etwas Neues?«

»Nein«, sagte Ronaldo beiläufig.

»Beunruhigt Sie das nicht?«, fragte Meisner.

»Im Gegenteil.«

»Aber Sie müssen doch in Verhandlungen mit denen stehen, mit Bohm und den anderen.«

»Wo denken Sie hin? Es gibt keine Verhandlungen.«

»Keine Verhandlungen?«

»Wozu? Unsere Forderungen sind klar, die Terminierung ist ebenso klar. Wird die Forderung zeitgerecht erfüllt, leben Sie, wenn nicht, sterben Sie unverzüglich. Ihre Leute wissen Bescheid. Im Übrigen gibt es keine Möglichkeit, mit uns Verhandlungen aufzunehmen.«

»Das ist keine Entführung, das ist nur – Terror!«

Ronaldo verbeugte sich leicht: »Nennen wir es ein Gastspiel. Haben Sie Hunger?«

»Nein.«

»Das ist nicht weiter schlimm, der Braten hält sich. Er ist übrigens fantastisch. Wein?«

»Ja. Bringen Sie die Flasche mit.«

»Gerne. Dieser Wein, ein 61er St. Pétrus, atmet bereits seit neun Stunden. Eine perfekte Zeit, ihn nun zu trinken.«

Er öffnete die Tür zur Gänze, der neu bestückte Servierwagen folgte ihm, Ronaldo schwenkte sehr konzentriert den Dekanter. Meisner dachte wieder an das Bristol in Paris, an diese Hände. Ronaldo sah in das Rot des Weines: »Ein wunderbarer Ort, nicht?«

»Was?«

»Das Bristol. Man möchte meinen, die Zeit sei dort stehengeblieben, es erinnert an alte Größe. Dort lässt es sich leben.«

»Ja«, flüsterte Meisner.

»Sie dachten auch einmal daran, dort zu wohnen, nicht? Eine gute Wahl, möchte man sagen; wir leben alle dort, in diesem Traum der Vergangenheit, in feinen Ebenen, ineinandergeschoben, von Zeit zu Zeit. Eine jede Gegenwart wurzelt in der Vergangenheit, Ihre Träume zeigen es Ihnen.«

Er schenkte ein, schwenkte sein Glas und warf wieder einen genussvollen Blick ins Rot, griff dann in die Innentasche seines Anzuges: »Nun sehen Sie mal, was ich uns hier Feines mitgebracht habe, Hochland-Obriga, bolivianische, Ihre Lieblingszigarren.«

»Die gibt es doch nicht mehr!«

»Oh doch, darf ich mich wiederholen? – Eine Frage der besonderen Informationen. Eigentlich verwunderlich, dass man sie Ihnen nicht hat besorgen können, Sie sollten Ihren Mitarbeitern doch einmal auf den Zahn fühlen, so sagt man doch?«

Er lächelte, schnitt die Zigarren, reichte Meisner eine und gab ihm Feuer, dieser nahm einen genussvollen Zug: »Wie konnte ich nur denken, dass Sie nicht maskiert sind. Sie sind doch so ein Alien, von irgendwo aus dem Weltraum. Gleich ziehen Sie dieses Gesicht herunter, und dahinter ist dann ein Frosch oder so etwas.«

»Aber ein Frosch mit Geschmack. Was sagen Sie, echt, die Obriga?«

Meisner nahm einen weiteren Zug: »Absolut.«

Noch ein Zug, seine Augen verfolgten den bläulichen Qualm: »Warum machen Sie all das? Sie hätten mich auch in Handschellen in so ein Loch werfen können, mit etwas Brot, etwas Wasser. So ist das doch normalerweise, oder? Warum dieser Aufwand, diese Mühe; mit mir zu sprechen, das könnten Sie sich genauso gut sparen.«

»Da sind wir bei der Kultur angelangt, Herr Meisner«, antwortete Ronaldo.

»Sie meinen, Sie entführen mich auf eine besonders kulturelle Art und Weise, ja?«

Auch Ronaldos Augen folgten dem Qualm: »Eine Kultur zeichnet sich nicht nur dadurch aus, was man in den Museen sieht und



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