14-Verschwörung by Petros Markaris

14-Verschwörung by Petros Markaris

Autor:Petros Markaris [Markaris, Petros]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 9783257613094
Herausgeber: Diogenes


21

Bis ich mich aus meiner Uniform geschält habe, ist auch Fanis eingetroffen. Adriani, die weiß, worum es geht, zieht sich mit Lambros zurück. Fanis wirkt entspannter und besser gelaunt als in den letzten Wochen. Ich warte, bis er seinen Sohn gebührend begrüßt hat und mir gegenüber Platz nimmt.

»Du hast das Bekennerschreiben gelesen. Dann kannst du dir meine Frage ja vorstellen«, sage ich. »Die Zahl der Ärzte und Pflegekräfte, die gegen die Impfung sind, scheint so groß zu sein, dass die sogenannten ›Kämpfer‹ damit argumentieren.«

»Keiner kennt die genaue Zahl. Aber sicher ist, dass es in allen Krankenhäusern vorkommt.«

»Und wie begründen sie ihre Ablehnung?«

Fanis zuckt mit den Schultern. »Es gibt keine einheitliche Begründung. Das ist gut, denn das bedeutet, dass kein organisiertes Netzwerk dahintersteckt. Die einen sagen, sie ließen sich generell nicht impfen, nicht einmal gegen Grippe. Andere fürchten, die Impfung könnte eine Autoimmunerkrankung hervorrufen. Und dann gibt es diejenigen, die sich grundsätzlich an das Prinzip ›Besser ein Spatz in der Hand als eine Taube auf dem Dach‹ halten. Sie glauben, dass die Impfung durch den Konkurrenzkampf in der Pharmaindustrie zu schnell entwickelt und zugelassen wurde. Ich bin kein Epidemiologe, aber wenn du mich fragst, würde ich sagen, dass wir nicht länger hätten warten können. Dafür verbreitet sich das Virus zu schnell. Wenn die Impfung Nebenwirkungen hat, werden wir sie bekämpfen, wie bei allen anderen Impfungen auch.«

»Und was macht die Krankenhausverwaltung mit den Impfgegnern?«

»Sie können sie weder zur Impfung zwingen noch entlassen. Für solche Beschlüsse ist das Gesundheitsministerium zuständig. Außerdem wollen die meisten Krankenhausverwaltungen sich in der aktuellen Lage nicht mit den Gewerkschaften anlegen und gehen lieber Kompromisse ein. Bei uns zum Beispiel werden alle Ungeimpf‌ten fortlaufend getestet. Aber zu ihnen gehören nicht nur Pflegekräfte im Krankenhaus, sondern auch Kassenärzte.«

Dann stelle ich die entscheidende Frage: »Kennst du vielleicht einen Arzt, der sich nicht hat impfen lassen und mit dem ich im Vertrauen sprechen könnte?«

Er überlegt kurz. »Bei uns gibt es einen jungen Kollegen, der gerade seine Facharztausbildung macht und nicht geimpft ist. Ich werde ihn fragen, ob er darüber sprechen will, und gebe dir Bescheid.«

Gut gelaunt gehen wir ins Kinderzimmer. In der Zwischenzeit ist auch Katerina eingetroffen. Kaum hat mich Lambros erblickt, springt er von ihrem Schoß auf und läuft auf mich zu. Während ich ihn hochhebe, merke ich, wie sehr mich seine Freude über mein Kommen berührt. Doch dann zeigt der Kleine auf seine stehengebliebene Spielzeugeisenbahn und bedeutet mir, ich möge sie wieder in Gang setzen.

»Deshalb bist du mir also entgegengelaufen, und nicht aus überbordender Liebe!«, sage ich zu ihm, während die anderen in Gelächter ausbrechen.

Ich setze ihn auf den Boden und gehe zur Spielzeugeisenbahn. Sobald sie wieder läuft, vergisst er mich, so vertieft ist er in sein Spiel.

»Papa, er hat dich nach allen Regeln der Kunst ausgenutzt!«, meint Katerina.

»Mit diesem Manipulationstalent wird er wohl kein Arzt werden, eher Rechtsanwalt«, vermutet Fanis.

»Wieso? Wen oder was nutzen Rechtsanwälte aus?«, fragt Katerina pikiert.

»Gesetzeslücken.«

»Sagt mal, sollten wir nicht den anderen Lambros einladen? Habt ihr etwas dagegen?«, wirft Adriani dazwischen. »Ich habe Krautrouladen gemacht, die mag er doch so gern.



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