Zwei Stunden Mittagspause by Heinz G. Konsalik

Zwei Stunden Mittagspause by Heinz G. Konsalik

Autor:Heinz G. Konsalik [Konsalik, Heinz G.]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2010-09-30T04:00:00+00:00


»Ob er etwas erreicht?« fragte eines Abends Luise Zumbach. Sie und ihr Mann saßen vor dem Fernsehgerät. Luise wartete auf den Beginn einer Operettensendung, Heinrich las die Zeitung.

»Wer?« fragte er zerfahren.

»Benno. Auf Mallorca.«

»Wir sollten es ihm wünschen.«

»Ich fürchte, das hilft wenig.«

Noch immer das Pausenzeichen, das Bild mit den bunten Elypsenfäden. In Farbe.

»Du glaubst also auch, Margot ist einfach abgerückt? Mit einem anderen Mann?« bohrte Luise Zumbach weiter.

»Ja.« Zumbach legte die Zeitung weg. »Benno sollte sich daran gewöhnen. Ich habe Margot nie getraut, aber er ist verbohrt und blind.«

»Er liebt sie noch immer.«

»Und wir sollten uns daran gewöhnen, dieses Thema fallenzulassen.«

Zumbach lehnte sich im Sessel zurück. Musik. Erstes Bild ein Schloß. Darüber der Titel.

»Wir haben genug eigene Probleme, Liebling. Ich soll eine Schule bauen, ausgerechnet ich, der ich Schulen nie leiden mochte!« Er lachte, es sollte befreiend klingen und war doch gequält.

Luise goß ihm ein neues Bier ein. Er ergriff – als sie die Flasche hingestellt hatte – ihre Hand und küßte sie. Erstaunt sah sie auf sein ergrautes Haar hinunter. Diese plötzliche, vergessene Zärtlichkeit … nur wegen eines Glases Bier? Sie führten eine glückliche Ehe, gewiß, aber galante Gesten waren selten geworden. Es war das Glück der Zusammengehörigkeit … ein warmer Sommertag, nicht mehr ein wilder Frühjahrssturm.

Ihre Gedanken wurden durch das Läuten der Klingel unterbrochen, und das Hausmädchen ließ Dieter Großmann herein. Zumbach stellte den Ton leiser und seufzte. Luise erwiderte seinen Blick. Margot! Man kann sie nicht einen Tag vergessen … ob leiblich anwesend oder spurlos verschwunden, sie sorgt immer dafür, daß man an sie denkt.

»Neues aus Mallorca?« rief Zumbach und wies einladend auf das schwere Ledersofa. »Setz dich, Dieter. Ein Bier? 'nen Klaren vorweg? Welcher Student sagt da nein?«

Dieter setzte sich.

Luise kümmerte sich um Gläser und Getränke.

Auf dem Bildschirm sang Rudolf Schock. Da der Ton abgedreht war, war es ein Grimassenschneiden statt Singen und sah lächerlich aus.

»Deswegen komme ich«, sagte Dieter. »Vater läßt nichts von sich hören. Ich habe schon neunmal im National angerufen … er läßt immer bestellen, daß er unterwegs sei und keine Zeit habe.«

»Vielleicht stimmt das sogar? Benno entdeckt das Leben wieder!« meinte Zumbach.

Dieter hatte keinen Sinn für diesen hemdsärmeligen Humor. Er stürzte den Schnaps hinunter und blickte hilfesuchend zu Luise. »Ich mache mir Sorgen. Der Hoteldirektor sagte mir beim neunten Anruf, mein Vater habe bisher für 592 Peseten telefoniert. Er blockiert allein eine ganze Leitung. Da das Hotel nur zwei Leitungen hat, ist man der Verzweiflung nahe.«

Zumbach lachte darüber wie über einen knalligen Witz. Er stellte sich die feurigen Spanier vor, wie sie Benno Großmann erst sanftmütig, dann immer erregter, schließlich mit großen Gesten, bestürmten, und Benno, der sture Hund, saß ungerührt weiter am Telefon und drehte weiter Nummer um Nummer.

»Wir müssen etwas unternehmen«, sagte Dieter. »Mit vernünftigen Argumenten holt niemand Vater aus Mallorca zurück, ehe er nicht alle Hotels und Pensionen angerufen hat. Das ist der komplette Irrsinn, und er weiß es auch … aber er steht es durch. Er will sich selbst betäuben damit: Ich habe alles getan, was menschenmöglich ist! Es ist wie der Rausch eines Masochisten.



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