Zeit der Sternschnuppen by Herbert Ziergiebel

Zeit der Sternschnuppen by Herbert Ziergiebel

Autor:Herbert Ziergiebel [Ziergiebel, Herbert]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-02-08T16:00:00+00:00


Ich kannte mich aus in irdischen Operationssälen. Ein vereiterter Blinddarm, einige Schnittwunden und andere Verletzungen hatten mich mehrfach den Messern der Chirurgen ausgeliefert. Nun befand ich mich erneut in einem Raum, der wohl eine ähnliche Funktion besaß, obwohl er nicht im entferntesten einem Operationssaal glich. Auls Getränk hatte mich von den Schmerzen befreit, aber ich fühlte mich matt und folgte den sonderbaren Vorgängen um mich nur mit geteilter Aufmerksamkeit.

Zuerst hatte es mich geniert, als mich die Glasköpfe in Auls Gegenwart entkleideten. Dann geschah jedoch etwas, was mich in höchstem Maße verwirrte und zugleich beeindruckte. Sie hoben mich hoch und legten mich vorsichtig in die Mitte des Raumes. Nicht auf den Boden und auch nicht auf einen Tisch, sondern einfach in die Mitte des Raumes. Ich lag ausgestreckt auf nichts, war, wie die schwebende Jungfrau im Variete, schwerelos.

Aul hatte mir später das Phänomen zu erklären versucht, doch ihre Zahlen und Symbole blieben für mich noch geheimnisvoller als meine unsichtbare Stütze. Um es in einem Satz zu sagen: Ich lag auf irgendwelchen Kraftfeldern, die auf wenigen Quadratmetern die Schwerkraft des sechsten Mondes aufhoben.

Neben mir saß Aul auf einem einfachen Hocker, ernst und sorgenvoll. Rechts von mir standen sechs Roboter in rosafarbenen Trikots, an meiner linken Seite standen ebenso viele in leuchtendroten Trikots. Sie palaverten leise miteinander. Was besprochen wurde, übersetzte mir Aul nicht. Über mir befanden sich mehrere kleine Lampen und eine glatte, dunkle Fläche, geheimnisvoll wie alles in dem Trabanten. Ich erkundigte mich nach der Bedeutung dieser Vorrichtung, doch Aul legte nur den Finger an die Lippen und machte »Pssst«. Aufmerksam lauschte sie dem Disput der gelehrten Glasköpfe.

Mir gefiel meine Rolle als Patient nicht, zumal ich keine Schmerzen mehr verspürte. Mich störte vor allem das geheimnisvolle Tuscheln. Vergeblich bat ich Aul um eine Übersetzung. Sie blieb schweigsam, als hätte sie den Eid des Hippokrates geleistet. Waren am Ende meine abenteuerlichen Fluchtpläne und Anklagereden daran schuld? Obwohl Aul neben mir saß, hatte ich das Empfinden, meilenweit von ihr entfernt zu sein. Ich richtete mich ein wenig auf. »Ich bin kein Kind, Aul, dürfte ich jetzt endlich erfahren, worüber debattiert wird? Ich habe es nicht gern, wenn man in einer fremden Sprache über mich redet…«

Sie drückte mich sanft zurück. »Man untersucht dich. Es wurde C2H5OH in deinem Blut festgestellt. Das kommt vom Wein…«

Na und, dachte ich, was geht das die Glasköpfe an? Ich bin ein freier Mensch, habe meinen eigenen Willen… Wahrscheinlich habe ich nichts weiter als einen Kater. Me sollte Rollmöpse und saure Heringe herschaffen lassen…

Die Debatte wurde immer heftiger geführt. Es hörte sich an, als stritten sie. Dann wurde es mit einem Male still. Der Sprecher der Rosafarbenen ergriff das Wort. Es hörte sich an wie das Röcheln einer sterbenden Krähe. Kaum hatte er geendet, als wieder lautstarkes Palaver einsetzte. Dann ergriff der Wortführer der Roten das Wort. Er piepste wie eine erschrockene Maus. Als er schwieg, folgte erneut ein hitziges Redegefecht. Alle zwölf beteiligten sich daran.

Mir riß die Geduld. »Zum Teufel«, schrie ich wütend, »euer Gequassel geht mir auf die Nerven! Das ist rücksichtslos.



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