Zauberhaftes Cornwall by Insel Verlag

Zauberhaftes Cornwall by Insel Verlag

Autor:Insel Verlag
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Insel Verlag
veröffentlicht: 2014-11-02T00:00:00+00:00


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Religion und Aberglaube

Der Glaube liegt den Menschen in Cornwall im Blut und nahm im Lauf der Generationen unterschiedliche Formen an. Wie die meisten mediterranen Völker, so verehrten auch die ersten kornischen Siedler die Erdmutter, die Fruchtbarkeitsgöttin, die das Leben in die Welt brachte. Die Granitfelsen und -steine, in Millionen von Jahren von der Natur an die Oberfläche geworfen, waren ihr Werk. Darunter residierte sie, dunkel und geheimnisvoll, und hatte die Macht über alle Dinge, belebt oder unbelebt.

Die keltischen Völker brachten einen anderen Kult: Himmelsgötter, Sonnengötter, Baum- und Waldgeister, meist männliche Vorboten des späteren monotheistischen Gottes. Das Christentum schuf eine perfekte Synthese zwischen diesen beiden widerstreitenden männlichen und weiblichen Kräften.

Dann kamen in hellen Scharen die heiligen Männer aus Irland und Wales, die die kornische Bevölkerung tauften und ihrerseits zu Heiligen wurden, die man zu Lebzeiten verehrte und nach ihrem Tod um Hilfe bat. Die heidnischen Bäche und Quellen wurden auf ihre Namen umgewidmet, die Klausen der Einsiedler in Kapellen verwandelt. Kirchen wurden errichtet, die gesamte kirchliche Ordnung entstand. Die kornische Bevölkerung akzeptierte dies entsprechend ehrerbietig und gehorsam, doch unterschwellig lauerte unter all dieser Fügsamkeit ein tiefer, halb staunender, halb ängstlicher Aberglaube, ein Sich-Verlassen auf die alte Magie, die niemals ganz ausgestorben war.

Ein Zauber, ein Amulett, ein Fluch, ein Wunsch, solche Dinge waren manchmal mächtiger als ein Gebet. Gewisse Vögel brachten Unheil, manche Tiere Verderben. Die Toten waren nicht im Fegefeuer oder lagen in ihren Gräbern, sondern gingen oftmals in den Hügeln um oder riefen vom Meer. Die Alten waren Hexen, die Jungen Wechselbälger. »Knackers« hämmerten und schrien in den Bergwerken, »Piskys«, die Hausgeister, brachten drinnen alles durcheinander, verdarben das Essen und ließen die Milch sauer werden. Kein Priester, kein Gottesmann hatte Kontrolle über diese Wesen. Sie kamen und gingen, wie es ihnen beliebte, und es war sicherer, sie zu besänftigen oder einen Gegenzauber anzuwenden.

Als der kornischen Bevölkerung mit der Reformation das Mysterium der Messe genommen, Bilder verboten, Weihrauch und Weihwasser aus den Kirchen verbannt wurden, suchte sie Trost in der Magie. Wenn die reformierte Kirche ihre tiefen emotionalen Bedürfnisse nicht befriedigen konnte, der alte Katholizismus mit seinem Zeremoniell nicht mehr den Gesetzen entsprach und Menschen gehängt und verbrannt werden konnten, wenn sie ihn praktizierten, dann wandte sich diese unbewusste Sehnsucht älteren Kultformen zu; das jahrhundertealte Gedächtnis regte sich, und die Geister, die in heiligen Quellen, auf Hügelkuppen und in Gehölzen, unter Steinen und in Erdhöhlen hausten, befriedigten diese innerliche Leere.

Die Gentry war wohlhabend und gebildet – wenn auch nicht notwendigerweise reich – und in der Mehrheit mit der neuen Ordnung der Dinge sehr zufrieden; sie zuckte angesichts des auf dem Land weitverbreiteten Aberglaubens nachsichtig die Schultern. Er richtete kein Unheil an. Manchmal bewirkte er sogar Gutes. Der Frau des Kuhhirten stand die Natur näher als der Dame des Gutsherrn, und wenn Erstere ein krankes Kind hatte, das Arzt und Medizin nicht heilen konnten, dann durfte die Kinderfrau ins Haus kommen und eine ältere »Arznei« mitbringen. Eine Kur gegen Keuchhusten bestand darin, das Kind unter dem Bauch eines Schecken durchzureichen, ein Tier, das sehr selten war und eventuell meilenweit entfernt in einem anderen Bezirk stand.



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