Wut by Michael Ridpath

Wut by Michael Ridpath

Autor:Michael Ridpath [Ridpath, Michael]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: HOFFMANN UND CAMPE VERLAG GmbH
veröffentlicht: 2012-12-12T23:00:00+00:00


19

Der Eintopf war wirklich lecker: Lamm mit Gemüse. Páll und Sara hatten zwei etwas übermütige, aber freundliche Kinder, und sowohl Magnus als auch Ingileif gefiel die Warmherzigkeit der Familie. Páll musste den Jungen zum Basketballtraining bringen, deshalb brachen sie kurz nach dem Mittagessen auf.

»Und, was hältst du von der Geschichte?«, fragte Ingileif. »Glaubst du, dass bei deinem Urgroßvater nachgeholfen wurde?«

»Das ist die klassische Frage, oder? Fiel er selbst, oder wurde er gestoßen? In diesem Fall halte ich es schon für möglich, dass er geschubst wurde. Aber von wem?«

»Es muss Benedikt selbst gewesen sein.«

»Oder einer, den er gut kannte. Sein Bruder? Ich kann mir kaum vorstellen, dass er es in einer Kurzgeschichte beichtet.«

»Vielleicht musste er es sich irgendwie von der Seele schreiben«, sagte Ingileif. »Schließlich handelt jenes Kapitel in Das Moor und der Mann eindeutig von Gunnar.«

»Das könnte alles Zufall sein«, meinte Magnus.

»Du bist der Polizist. Du glaubst doch nicht an Zufall, oder?«

»Eigentlich schon«, sagte Magnus. »Im wahren Leben gibt es solche Sachen. Man muss immer objektiv bleiben.«

»Besuchen wir jetzt Unnur? Und fragen sie, ob sie diese Kurzgeschichte gelesen hat?«

»Ich rufe sie an«, sagte Magnus.

Unnur war einverstanden, die beiden in einem alteingesessenen Restaurant in Stykkishólmur zu treffen. Es war ein gemütliches, warmes Lokal, leer bis auf einen Spanier und einen Isländer, die sich auf Englisch über Fisch unterhielten. Man hatte einen guten Blick auf den Hafen, wo eine Fähre in Richtung der Westfjorde langsam Fahrt aufnahm.

Unnur wartete bei einer Tasse Kaffee auf die beiden. Magnus stellte Ingileif vor.

»Ich wollte nicht, dass wir uns wieder zu Hause treffen«, sagte Unnur. »Mein Mann ist da, und ich habe ihm die Geschichte mit deinem Vater noch nicht erzählt. Ich bin nicht stolz darauf; es wäre mir lieber, er wüsste es nicht.«

»Verstehe«, sagte Magnus. »Aber keine Sorge. Wie ich schon am Telefon sagte: Darüber wollten wir gar nicht sprechen.«

»Hast du das Kapitel in Das Moor und der Mann gelesen?«, wollte Unnur wissen.

»Ja«, sagte Magnus. »Deiner Meinung nach bedeutet es, dass Gunnar seinen Nachbarn umgebracht hat?«

»Ja. Da bin ich mir ziemlich sicher. Du kannst dir bestimmt vorstellen, dass hier viel getratscht wurde, als das Buch herauskam. Es dauerte nicht lange, bis jemandem die Parallelen auffielen. Damals arbeitete ich noch in Reykjavík, aber bei jedem Besuch zu Hause wurde darüber geredet.«

»Weißt du auch, was Benedikt selbst dazu sagte?«

»Er leugnete es natürlich, aber niemand glaubte ihm. Ich glaube, er wunderte sich, dass die Leute die Parallele erkannten. Und dein Großvater sagte natürlich auch, es sei alles Blödsinn. Wie du dir vorstellen kannst, war er sauer wegen der ganzen Sache. Es war meine Tante, die mich überzeugte, dass etwas dahintersteckte.«

»Deine Tante?«

»Ja. Die Frau meines Onkels. Sie war Benedikts ältere Schwester. Damals lebte sie auf Hraun.«

»Und sie bestätigte die Geschichte?«

»Nein«, sagte Unnur. »Sie sagte nichts dazu. Sie lächelte nur so wissend.«

»Kanntest du Benedikt persönlich?«

»Nur flüchtig. Wir trafen uns ein-oder zweimal auf den größeren Familienfeiern. Ein netter Mann, sehr klug, eher zurückhaltend. Seine Mutter hatte den Hof verkauft und war in den Ort gezogen. Sie hatte früher das Textilgeschäft. Ich kann mich noch dunkel dran erinnern.



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