Woman in Cabin 10 by Ruth Ware

Woman in Cabin 10 by Ruth Ware

Autor:Ruth Ware [Ware, Ruth]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Thriller
ISBN: 9783423432702
Herausgeber: dtv Verlagsgesellschaft


Die Tür zu Kabine 1, der Nobel-Suite, war zwar aus demselben nichtssagenden weißen Holz wie die anderen Kabinentüren, aber schon die Tatsache, dass sie sich als Einzige ganz vorne am Bug des Schiffs befand und man ein ziemliches Stück Flur hinter sich bringen musste, um sie zu erreichen, ließ erahnen, dass sich dahinter etwas Besonderes verbarg.

Ich klopfte vorsichtig. Keine Ahnung, was ich erwartet hatte – dass Richard Bullmer selbst mir öffnete? Oder ein Zimmermädchen? Keins von beiden hätte mich überrascht. Doch zu meiner völligen Verblüffung stand plötzlich Anne Bullmer vor mir in der Tür.

Sie hatte offensichtlich geweint; tiefe Schatten lagen unter ihren dunklen, rot geränderten Augen, und auf ihren eingefallenen Wangen waren Spuren von Tränen zu erkennen.

Ich blinzelte nervös. Natürlich hatte ich mir vorher sorgfältig überlegt, was ich sagen wollte, aber bei ihrem Anblick hatte ich den Faden verloren. Hohle Phrasen, eine schrecklicher und unpassender als die andere, schossen mir durch den Kopf – Geht es Ihnen gut? Was ist los? Kann ich irgendwas tun?

Statt eine davon auszusprechen, schluckte ich bloß.

»Ja?«, fragte sie, einen Hauch von Trotz in der Stimme. Mit dem Ärmel ihres Seidenmantels tupfte sie sich die Augen trocken, dann reckte sie das Kinn vor. »Kann ich Ihnen helfen?«

Ich schluckte wieder, bevor ich weitersprechen konnte. »Ich … ja. Das hoffe ich doch. Bitte entschuldigen Sie die Störung, Sie müssen müde sein nach dem Wellnessprogramm.«

»Nicht besonders«, erwiderte sie fast schnippisch. Ich biss mir auf die Zunge. Auf ihre Erkrankung anzuspielen war vielleicht nicht sehr taktvoll gewesen.

»Ich wollte eigentlich Ihren Mann sprechen.«

»Richard? Er ist leider beschäftigt. Kann ich Ihnen vielleicht weiterhelfen?«

»Ich … ich fürchte nicht«, druckste ich verlegen herum und überlegte, ob ich mich einfach entschuldigen und gehen oder dableiben und mich erklären sollte. Es war mir unangenehm, sie zu stören, aber genauso unangebracht erschien es mir, erst anzuklopfen und dann so abrupt zu verschwinden. Zum einen lag mein Unbehagen an ihren Tränen – sollte ich sie mit ihrer Traurigkeit alleine lassen oder versuchen, sie zu trösten? Aber zum anderen war es auch ihr zartes, ausgezehrtes Gesicht, das mich verstörte. Zu sehen, dass jemand wie Anne Bullmer, die immer auf der Sonnenseite des Lebens gestanden hatte und auf sämtliche Privilegien, die man mit Geld kaufen konnte, zugreifen konnte – die neuesten Medikamente, die besten Ärzte und Behandlungsmethoden, die es überhaupt gab –, derart ums Überleben kämpfen musste, war schier unerträglich.

Ich wollte weglaufen, doch mein Gewissen zwang mich, standhaft zu bleiben.

»Nun, das tut mir leid«, sagte sie. »Kann es bis später warten? Soll ich ihm etwas ausrichten?«

»Ich wollte …« Nervös verschlang ich die Hände ineinander. Was sollte ich bloß sagen? Auf keinen Fall würde ich diese zerbrechliche, verängstigte Frau mit meinen Verdächtigungen konfrontieren. »Er hatte mir ein Interview versprochen«, erklärte ich schließlich, als mir sein Angebot von gestern Abend wieder einfiel. Das war zumindest nicht gelogen. »Er hat mich gebeten, am Nachmittag vorbeizukommen.«

»Oh!« Ihr Gesicht hellte sich auf. »Ach, das tut mir leid. Das muss er vergessen haben. Ich glaube, er ist mit Lars und ein paar anderen in den Whirlpool gegangen.



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