Wir sehen uns GESTERN (German Edition) by Tanja Voosen

Wir sehen uns GESTERN (German Edition) by Tanja Voosen

Autor:Tanja Voosen [Voosen, Tanja]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783646601060
Herausgeber: Carlsen
veröffentlicht: 2015-01-25T16:00:00+00:00


***

Meine Eltern waren aus, daher hatte ich nicht erwartet, jemanden anzutreffen, als ich endlich nach Hause kam. Folglich wäre ich am liebsten wieder umgedreht, als ich sah, dass das Licht im ersten Stock brannte.

Susan war noch da.

Anscheinend hatte sie sich in ihrem alten Zimmer einquartiert und telefonierte. Sollte sie nicht längst zurück ins College gefahren sein?

Ich versuchte mich unbemerkt an ihrer Tür vorbeizuschleichen, damit ich mich nicht mit ihr auseinandersetzen musste. Aber dann hörte ich meinen Namen. Eigentlich war ich total gegen das Belauschen fremder Gespräche, aber jetzt war meine Neugier geweckt. Wie ein Baum, der Wurzeln geschlagen hatte, blieb ich mitten im dunklen Flur stehen.

»Einfach göttlich, Becky. Pass auf die nächste Stelle ist noch viel besser«, hörte ich Susan sagen. »Es ist 21 Uhr. Ich bin auf der Schulparty. So öde. Eine Band sollte für Stimmung sorgen, aber niemand ist da. Unser Chemielehrer erzählt die ganze Zeit irgendeine seltsame Geschichte und niemand hört zu. Ich frage mich, wofür ich mich eigentlich verkleidet habe. Ich bin eine Katze, aber dauernd fällt mein Schwanz ab. Nick hat ihn sogar einmal geklaut und ich musste ihm hinterher. Der nervt fast genauso sehr wie das Kostüm. Ich hätte es so machen sollen wie Stephanie. Die hat sich als Donut verkleidet. Da kann nichts abfallen.«

Susan lachte aus vollem Hals. »An das Kostüm erinnere ich mich sogar noch. Mom hat es genäht. Mallory sah absolut lächerlich aus«, sagte meine Schwester. Die Reaktion am anderen Ende der Leitung konnte ich mir bestens vorstellen. Aber irgendetwas hielt mich davon ab, sofort ins Zimmer zu stürmen und sie mit meinem Tagebuch zu ermorden.

»Es wird noch besser! ›Am Valentinstag soll man Leuten sagen, dass man sie liebt. Das Zeugnis am Mittwoch war scheiße. Ich sag es Mom einfach erst am Sonntag, da ist Valentinstag. Dann ist auch genug Liebe für das D in Geschichte übrig. Vielleicht verschwindet es sogar. Das wäre cool. P.S. Ein bisschen Liebe sollte ich für Matt aufheben. Nur für den Fall, dass er zurückkommt. Es ist jetzt schon fast ein Jahr her … Am liebsten soll er auf dem Pony kommen, das ich immer noch nicht habe. Dann wäre er mein Prinz.‹«

Als meine Schwester eine weitere Stelle vorlesen wollte, riss ich die Tür auf.

»Was genau machst du da bitte?«

Vor Schreck fiel ihr das Telefon herunter.

»Soll ich auch mal in deinem lesen?«

»Ich hab nie eins geschrieben.«

»Tolle Entschuldigung.«

Susan knallte das Tagebuch auf den Tisch.

»So interessant war es nun auch wieder nicht.«

»Was machst du zu Hause?«, wollte ich wissen.

»Geht dich nichts an.«

»Du meinst, so wie dich meine Geheimnisse nichts angehen?«, schoss ich zurück.

»Mallory, du warst zwölf oder so!«

»Und jetzt bin ich siebzehn und will wissen, was los ist. Wieso bist du nicht zurück zum College gefahren?«

Etwas ruhiger setzte ich hinterher: »Ist alles in Ordnung?«

»Ich hab mir ein paar Tage freigenommen.«

»Wozu?«, bohrte ich nach.

Susan machte eine wegwerfende Handbewegung. »Erzähl ich dir ein anderes Mal, Schwesterchen. Moment.«

Sie hob das Telefon wieder hoch und drückte es sich ans Ohr, um sich zu verabschieden. »Sooo und jetzt sag mir, warum du so breit grinst.



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