Wer einmal aus dem Blechnapf frisst by Hans Fallada

Wer einmal aus dem Blechnapf frisst by Hans Fallada

Autor:Hans Fallada [Hans Fallada]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2011-11-30T23:00:00+00:00


13

Als Kufalt erwacht, glaubt er zuerst noch zu träumen. Es war ein widriger, böser Traum, der ihn heimgesucht hatte. Diese Nacht: Immerzu war er verfolgt und floh und versteckte sich sinnlos, wo ihn alle sahen. Oder er wurde angeklagt und mußte sich rechtfertigen, und während er immer beschwörender sprach, kniffen sie die Augen ein und feixten einander an und hörten nicht zu …

Kufalt hatte das Gefühl, als hätte er geweint, als sei sein Kopfkeil naß noch von Tränen, und … und hatte er nicht geschrien: »Laßt mich gehen, laßt mich gehen allein!« –? Ja. Ja. Ja und ja. Aber nun ist er erwacht, ein fahles, graues Licht liegt in der engen Zelle, und direkt vor ihm, fast über seinem Gesicht, sieht er zwei Ungeheuer, Urwelttiere, bewehrt, wie bereit zum Angriff auf ihn. Braunrot mit flachem, gepanzertem Körper, die Fühler gegen ihn gerichtet, den gierigen Schnabel auf ihn zu, hocken sie über ihm wie Gespenster, wie drohende Dämonen – und sein Geist, der aus den düsteren Schluchten des Traumes kommt, müht sich zu verstehen: wieso …?

Und dann spürt er das brennende Jucken an Armen und Beinen, er bewegt ein wenig den Kopf, die Bettdecke verrutscht, und die Tiere auf ihr verschwinden eilig …

Wanzen, denkt er. Natürlich wieder mal Wanzen, die haben noch gefehlt. Alles kommt wieder zusammen – wo gibt es ein Polizeigefängnis ohne Wanzen?

Er springt auf und wäscht sich. Er betrachtet seinen Körper, der nun schon wieder gezeichnet ist wie vor …? Er fängt an zu rechnen: Wie lange ist er draußen gewesen? Einhundertundzwei Tage! Einhundertzwei Tage, und nun wieder drin! Recht so. Wozu hat er sich abgestrampelt …?

Er läuft auf und ab in der schmierigen Polizeigefangenenzelle, mit den braunen Flecken an den Wänden von zerdrückten Wanzen. Er könnte ja jetzt auf die Wanzenjagd gehen, damit wenigstens die nächste Nacht etwas ruhiger wird – aber was hat Wanzenjagd für einen Zweck? Was hat eine ruhige Nacht für einen Zweck?

Gar keinen, Dussel!

Der Herr Specht, der Herr Kriminalsekretär Specht hat gestern abend nur so ein kleines Protoköllchen aufgenommen und dabei gegrinst. »Na, natürlich, alter Junge, betrügerische Absicht haben Sie nicht gehabt – nee, nee, wie denn? Wieso denn? Sechs Schreibmaschinen – hundertachtzig Emm haben Sie von Ihrem Arbeitsverdienst abzahlen wollen, jeden Monat … Glaub ich Ihnen, glaub ich Ihnen alles! – ’ne Zigarette möchten Sie? Aber doch nicht, wenn Sie mir solchen Stuß erzählen, da muß man schon ein bißchen auspacken, alter Junge, wenn man ’ne Zigarette geschenkt haben will! Das wissen Sie doch von früher, wo Sie fünf Jahre Knast geschoben haben. Zigarette? Von nichts kommt nichts.«

Ja so, ja so, der alte Ton, die alte Melodei – es fängt alles wieder von vorne an, und vielleicht sitzt Beerboom im selben Haus, zehn Zellen weiter, und wird auch vorgeführt und auch von Wanzen geplagt und Rübe ab oder Zet lebenslänglich – und freut sich, der Affe …

Und Liese. Da haben sie sicher längst Haussuchung gemacht und seine schönen Sachen durcheinandergeworfen, und sie hat womöglich gedacht, sie kommen deswegen. Und sie hat alles



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