Vincent by Goebel Joey

Vincent by Goebel Joey

Autor:Goebel, Joey [Goebel, Joey]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi


»Das macht gar nichts, Mr. Eiffler. Wir können rasch un­sere eigene Supermarktserie entwickeln.«

»Nein, können Sie nicht. Ich lasse Vincents Ideen immer urheberrechtlich schützen.«

»Nun, wir könnten problemlos unsere eigene Serie dre­hen und sie Department Store nennen. Das ist kein Thema.« Das hatte ich vorhergesehen.

»Na schön. Grocery Store gehört Ihnen. Aber nur unter einer Bedingung.«

»Und die wäre?«

»Vincent hat eine Idee für einen neuen Kabelsender. Er soll auf Sendung gehen, wenn Grocery Store ausgestrahlt wird.«

»Mr. Eiffler, wir kaufen eine komplette Staffel Ihrer Fernsehserie, und im Gegenzug verlangen Sie einen ganzen Sender. Sie machen sich lächerlich.«

»Moment. Die Sache ist nicht so schlimm, wie sie klingt. Seine Idee heißt Art TV. Art TV würde einen gewöhnlichen Fernsehschirm in einen Bilderrahmen verwandeln, und in diesem Rahmen würden Kunstwerke von der Antike bis heute gezeigt. Sie würden alle zwei Minuten wechseln. Das Ganze ohne Worte, nur klassische Musik im Hintergrund. Am unteren Ende des Schirms würden der Titel des Bildes und der Name des Künstlers eingeblendet. Und weil we­der Schauspieler noch Studios erforderlich sind, wäre das Ganze spottbillig, müßte also nicht oder nur selten durch Werbung unterbrochen werden.«

»Mehr nicht?«, fragte einer der Männer. »Nur Bilder?«

»Genau, aber in zwei Minuten eines Dali-Gemäldes steckt bestimmt mehr Substanz als in einer ganzen Stunde von Ich bin ein Star – Holt mich hier raus! Meiner Ansicht nach könnte man den Durchschnittsamerikaner so am besten mit Kunst vertraut machen. Menschen, die noch nie ein Museum betreten haben, bekommen zum ersten Mal Kon­takt mit Kunst, die sie nämlich nun von ihren Sofas aus se­hen können. Sie zappen durch die Sender, und vielleicht bleibt ihr Blick bei einem Gemälde hängen, und sie sehen es sich an und warten auf das nächste Gemälde. Vielleicht ler­nen sie, Kunst zu lieben, oder sie finden wenigstens Gefal­len daran. Und man könnte den Fernseher ruhig laufenlas­sen, auch wenn gerade niemand hinsieht. Er konnte ein Teil des Interieurs sein. Art TV könnte sogar guten Gesprächs­stoff auf Partys abgeben.«

»Ich glaube, das würde nicht funktionieren, Mr. Eiffler«, sagte der Chef. »Die Leute wollen unterhalten werden. Das ist keine Unterhaltung.«

Die Männer nickten.

»Es sind doch nur Bilder«, meinte einer. »Den Durch­schnittszuschauer würde das kaltlassen, verlassen Sie sich drauf.«

»Es ist keine Unterhaltung«, wiederholte ein anderer.

»Aber genau das ist doch der Punkt. Ich finde Fernsehen nicht unterhaltend. Ich finde, Fernsehen taugt höchstens noch dazu, sich darüber lustig zu machen, wenn man Lan­geweile hat. Es macht dumme Menschen dümmer. Und jetzt erzählen Sie mir, trotz all der trivialen, hirnlosen Sender da draußen hat keiner von Ihnen Interesse, wahre Kunst aus­zustrahlen?«

»Wie langweilig«, nuschelte einer. Ich seufzte möglichst laut.

»Darf ich den Fernseher dort einschalten?«, fragte ich und wies auf den Plasmabildschirm an der Wand.

»Tun Sie sich keinen Zwang an. Warum?«

»Um etwas zu verdeutlichen.«

Der Chef schob eine Fernbedienung von seinem zu mei­nem Tischende. Ich stand auf, machte das Fernsehgerät an und schaltete auf Kanal 2.

»Bitte, tun Sie mir den Gefallen. Ich will Ihnen demon­strieren, daß so etwas wie Art TV eine merkliche Verbesse­rung wäre. Sehen Sie. Werbung, Werbung. Hier ist eine Sen­dung. Das habe ich schon mal gesehen. Das wurde schamlos von etwas abgekupfert, das Jay Leno in seiner Talk-Show macht.



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