Verderben - Horror by Bastei Lübbe

Verderben - Horror by Bastei Lübbe

Autor:Bastei Lübbe [Little, Bentley]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Horror
ISBN: 978-3-8387-1068-6
Herausgeber: Bastei Lübbe
veröffentlicht: 2011-08-25T00:00:00+00:00


2

Kein einziger Kunde kam in das Geschäft.

Den ganzen Tag lang.

Doane las die Zeitung aus Phoenix, fegte den Verkaufsraum, ging die Lieferung der CD-Neuheiten durch, stand hinter der Kasse und starrte Löcher in die Luft, sortierte die Post, las ein Magazin, griff zur Gitarre.

Viel länger könnte er nicht mehr durchhalten.

Er war im Begriff, den Kampf zu verlieren.

Nun ging er nach vorn zum Schaufenster, ließ seinen Blick über die Main Street schweifen, sah aber nirgends auch nur ein Auto, keinen einzigen Fußgänger. Schräg gegenüber, neben McHenrys Elektroladen, hatte zuletzt The Quilting Bee den Geist aufgegeben. Die alte Laura hatte am Vortag ihr Geschäft ausgeräumt. Es hieß, sie verkaufe noch von zu Hause aus, aber Doane hielt das für unwahrscheinlich. In letzter Zeit hatte sie ziemlich ausgebrannt und verbittert gewirkt und war zornig auf ihre alten Kunden, die nicht mehr kamen, wenn sie sie brauchte. Sie war immer noch eine Monatsmiete im Rückstand, und Doane wäre nicht überrascht, wenn sie den Job ganz hinschmeißen würde.

Er wusste, wie Laura sich fühlte.

Allen Einzelhändlern in der Stadt erging es so. Die Politiker bekannten sich in ihren Reden immer gern zu den kleinen Geschäftsleuten und priesen Amerikas großen unternehmerischen Geist, aber das waren meist nur Lippenbekenntnisse. Man bedauerte es öffentlich, wenn wieder ein Laden an der Ecke dichtmachen musste, man beklagte sich über den unpersönlichen Stil der großen Unternehmen, über die ausufernden Discounterketten. Aber wenn es dann hart auf hart kam, dann zogen die Leute Bequemlichkeit der Dienstleistung vor, setzten auf Billigwaren statt auf Qualität. Unter den Menschen gab es keine Loyalität mehr, keinen wirklichen Sinn für das Gemeinwesen.

Inzwischen hatte die Stadt sich auf die Seite des LADENS geschlagen und paktierte mit Newman King und dessen Milliarden-Unternehmen.

Den örtlichen Geschäftsleuten kehrte man den Rücken zu.

Ihm erging es nicht anders.

So waren die Zeiten eben, das wusste er. Und wenn er nur Verbraucher wäre, würde er vielleicht genauso handeln. Trotzdem ärgerte er sich über die Haltung der Leute, die er kurzsichtig und eigennützig fand.

Verbraucher.

Er hatte noch nie darüber nachgedacht, was für ein aggressives Wort das doch war. Vor seinem geistigen Auge entstand das Bild eines unersättlichen Monsters, das alles verschlang, was ihm in die Quere kam, und dessen einziges Ziel, dessen einziger Existenzgrund darin bestand, alles zu verzehren, was es sah.

Er schaute aus dem Fenster und dachte plötzlich an den alten Randy Newman-Song »It's money that matters«. Ja, es ging immer nur ums Geld, oder? Er schüttelte den Kopf. Die Zeiten hatten sich verändert. Vor zwanzig, dreißig Jahren wäre man einem Mann, der Millionen Dollar ausgab, um in ein öffentliches Amt gewählt zu werden, mit Argwohn und Misstrauen begegnet. Aber 1992 hatte die Stadt überschwänglich für Ross Perot gestimmt. Und warum? Hatten die Wähler ihm seine Rolle des »einfachen Mannes« abgekauft und wirklich geglaubt, der Milliardär sei ihnen näher als einer seiner beiden Gegenspieler, oder hatten sie ihn einfach nur für seinen enormen Reichtum bewundert?

Doane tippte auf Letzteres.

Das Wertesystem in diesem verdammten Land war im Arsch. Die Prioritäten waren nun andere.

Verflucht, nach der letzten Stadtratssitzung hatte ihn eine wütende ältere Dame auf dem Parkplatz des Rathauses sogar einen Quertreiber genannt.



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