Venus 1 • Zauberbann der Venus by Richard S. Shaver

Venus 1 • Zauberbann der Venus by Richard S. Shaver

Autor:Richard S. Shaver [Shaver, Richard S.]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Ullstein
veröffentlicht: 1973-04-15T00:00:00+00:00


8

Da kam von weither aus den Baumwipfeln ein lauter, greller, hallender Kommandoruf. Er klang irgendwie menschlich und ungefähr so, als rufe jemand durch ein Megaphon.

Die Kreaturen verloren ihr Interesse an mir, formten sich zu ordentlichen Reihen und huschten davon.

Ich wurde an Lianen hinuntergelassen und mitgeschleppt. Es war ziemlich ungemütlich, denn jetzt hing ich mit gefesselten Händen und Füßen an einem dicken Ast, und der Kopf baumelte nach unten. Es war stockdunkel, und ich konnte kaum etwas sehen. Ich bemerkte dann nur, daß wir den Wald verließen und durch endlose, dunkle Tunnels in die Tiefen des Planeten vordrangen.

Wir waren in einer der uralten Ruinenstädte der Venus. Wer sie gebaut hatte und wann das gewesen war, das kann niemand sagen. Vermutlich gehen die Meinungen darüber auf der Venus ebenso auseinander wie die der irdischen Wissenschaftler über die Vergangenheit ihres Planeten, und möglicherweise haben alle gleich unrecht. Eines läßt sich jedenfalls feststellen: Viele dieser Ruinenstädte auf der Venus sind das Werk einer Hybridenrasse, die aber keineswegs mit der Rasse der Alten identisch sein muß. Deren Schriften können gelesen werden, nicht aber die Inschriften an Tempeln und Palästen, auch nicht die wenigen aufgefundenen Tontafeln oder Pergament-rollen. Also kann man auch die Wissenschaften dieser Vorfahren nicht verstehen, und das ist eigentlich eine ganze Menge, was den jetzigen Rassen und Völkern da entgeht.

Die meisten dieser Ruinen liegen in den venusischen Dschungeln, weit weg von allen Überlandwegen. Sie werden selten besucht und kaum einmal erwähnt. Da die Erbauer dieser Städte vielleicht einer Rasse angehörten, die jener der Alten geistig unterlegen war, überschlägt man diese Seiten der Venusgeschichte kurzerhand.

Mehr wußte ich über diese Ruinenstädte nicht, und auch das hatte ich nur aus Ceulnas Unterhaltungen mit kultivierten Amazonenfreundinnen entnommen.

Ein paar der Kreaturen schlugen mit Feuerstein und Zunder Feuer und zündeten Fackeln daran an. Wenig später erweiterte sich der Gang, und wir kamen in einen riesigen Tempelraum mit hoher, gewölbter Decke.

Auf einem Thron aus weißem Metall saß unbeweglich eine Gestalt. Die vordersten Kreaturen der Prozession krochen auf Händen und Knien bis zu den Stufen dieses Thrones. Die Fackeln warfen zuckende Lichter, in deren Schein sich die Gestalt zu bewegen schien. Langsam, fast mechanisch erhob sie sich. Ein schöner, edel geformter Arm bewegte sich, aber er war kalt und leblos wie der – eines Roboters!

Mir wurde sofort klar, was diese Kreaturen verehrten – einen der Roboter, die von der Rasse der Alten stammten. Ich konnte es fast verstehen, daß sie, seit sie vor Jahrhunderten vermutlich diese herrliche Gestalt gefunden hatten, die so menschlich aussah und für ihre primitiven Geister schön war wie eine Göttin, diesen Roboter zu ihrem Idol, zu ihrem Schöpferersatz gemacht hatten.

Einen nicht aktivierten Roboter dieser Art hatte ich in den Höhlen der Namenlosen gesehen, aber für die waren sie tabu. Und dabei wäre es nur nötig gewesen, neue Batteriesätze einzulegen und ein paar Drähte anzuschließen.

Diese primitiven Wesen hier wußten davon natürlich nichts. Wahrscheinlich war dies einer der Roboter, der über die Augen durch Licht aktiviert werden konnte. Ich lachte laut, als ich das alles bedachte, denn daß der Zufall diesen Wesen einen Gott beschert hatte, fand ich zauberhaft.



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