Unter Golems by Elaine Corvidae

Unter Golems by Elaine Corvidae

Autor:Elaine Corvidae
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
veröffentlicht: 2014-04-16T22:00:00+00:00


Kapitel 16

Das Schlupfloch machte seinem Namen alle Ehre. Es waren nicht mehr als ein paar fensterlose Ziegelräume unter dem Kontor eines Lagerhauses. Sie waren mit Kisten und Fässern vollgestellt, hinter denen sich ein Hinterzimmer verbarg, in dem es nur eine Pritsche und einen Wasserhahn gab. Es gab keinen Kamin, um Kälte und Feuchtigkeit zu vertreiben, und nur eine einsame Lichtkugel vertrieb das Zwielicht. Neunkraft ließ Verbena und Kiki zurück, um den Rest ihrer Gruppe zu finden.

Verbena lehnte sich an die Wand und ließ sich langsam zu Boden sinken. Der nackte Boden war zwar kalt, doch sie widerstand dem Drang, sich auf eines der Fässer zu setzen. Die Götter allein mochten wissen, was aus Riyu geworden war; wie konnte sie da auch nur den geringsten Komfort in Anspruch nehmen?

»Verbena-naga?«, fragte Kiki leise, sobald sie unter sich waren.

Verbena hob den Kopf und erwiderte den bekümmerten Blick der jungen Ork. »Ja?«

»Ich … ich habe doch getan, was Riyu gewollt hätte. Oder?«

Unerwartet rührte ihre Unsicherheit die Zauberin. Schließlich unterschied sich Kiki gar nicht so sehr von ihren Studentinnen, selbst wenn ihr der Weg des Kriegers fremd erschien. Kiki hatte in Gegenwart ihres Mentors ihr Bestes getan, aber jetzt, da sie ohne Anleitung war, wandte sie sich der nächsten Autoritätsperson zu.

»Ja, Kiki«, sagte Verbena sanft. »Es gefällt mir nicht, dass Riyu dafür gesorgt hat, dass ich auf seine Kosten entkommen konnte, aber ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass es genau das war, was er wollte. Du hast seine Wünsche vollkommen erfüllt.«

Zwischen ihnen kehrte Schweigen ein, und sie saßen lange mit hängenden Köpfen da. Nach einer scheinbaren Ewigkeit, die in Wirklichkeit vermutlich aber weniger als zwei Stunden dauerte, öffnete sich die Tür des Verstecks erneut und ließ Amethyst, Turmalin, Kardamom und Neunkraft ein. Oder den Mann, der einst Neunkraft gewesen war, wenn man sich das zu Herzen nehmen wollte, was er zuvor über die Annahme, dass Riyu sie verraten würde, gesagt hatte.

Unter der Folter.

Verbena schloss die Augen und kämpfte gegen die aufsteigende Übelkeit an. Turmalin setzte sich neben sie, nahm ihre Hand und drückte sie sanft. »Alles in Ordnung, Verbena?«, fragte er leise.

»Natürlich nicht.« Sie holte tief Luft. »Es geschah alles so schnell. Ich hatte nicht einmal Gelegenheit, mich zu wehren. Verflucht soll er sein, dass er mir das angetan hat.«

Turmalin schwieg für eine scheinbar lange Zeit. Dann stieß er einen leisen Seufzer aus. »Riyu bedeutet Euch viel, nicht wahr?«

Sie öffnete die Augen. Neunkraft stand an der Tür und ließ sie nicht aus den Augen, und aus irgendeinem Grund gab ihr das Kraft. Schließlich war sie die Anführerin dieser Expedition; es war ihre Aufgabe, die Entscheidungen zu treffen.

Natürlich wusste sie genau, wie ihre Entscheidung lauten würde.

»Ja«, sagte sie und stand auf. »Riyu ist mein Freund. Und wenn ich etwas von ihm gelernt habe, dann das: Es ist kein Schritt auf dem Weg des Kriegers, einen Freund zurückzulassen. Ich werde diese Stadt nicht ohne Riyu verlassen.«

Kardamom schüttelte den Kopf. »Vermutlich ist er aber tot.«

Verbena schluckte. Ihr Götter, nein. »Dann gehen wir eben mit seiner Leiche«, sagte sie und war erleichtert, dass ihre Stimme nicht bebte.



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