Über den Wolken by Penelope Williamson

Autor:Penelope Williamson [Williamson, Penelope]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783955306137
Herausgeber: Edel eBooks
veröffentlicht: 2015-05-18T16:00:00+00:00

Früh am nächsten Morgen stand der Pferdewagen bereit. Seth Turner war halb wie ein Städter, halb wie ein Bauer gekleidet: Er trug seine Sonntagsjacke, Weste und Krawatte, aber die Arbeitshose und die schweren, schmutzverklebten Arbeitsschuhe. Während Linc die Pferde vor den Wagen spannte, notierte Seth auf einer Seite aus einem Versandkatalog eine immer länger werdende Liste von Dingen, die seine Frau aus der Stadt wollte.

»Wir könnten eine neue Gartenhacke brauchen«, meinte Maisie. »Die alte ist völlig verrostet.«

»Quatsch, Maisie.« Seth seufzte. »Wo soll ich alles unterbringen? Dieses Ding, das die Leute da von Hank machen lassen wollen, braucht womöglich den ganzen Platz.«

Maisie stellte sich auf die Zehenspitzen und küßte die bärtige Wange ihres Mannes. »Das Ding heißt Propeller, mein Lieber. Und wenn der Platz knapp wird, kannst du ja die Hacke auf dem Schoß halten.«

Seth war darüber so entsetzt, daß Cassie und Linc in Lachen ausbrachen.

Ein heißer, trockener Windstoß preßte den Frauen die Röcke gegen die Beine und blies Seths Hut davon. Joshua jagte ihm über den Hof nach, und Patches lief hinterher, daß die Hühner gackernd und flügelschlagend das Weite suchten. Cassie sah nach Westen. Der Himmel war dunkel und schmutzigbraun wie Flußschlamm.

»Da ist ein Sandsturm im Anzug«, verkündete Seth, »und zwar einer, der sich gewaschen hat.« Cassie bemerkte, wie Linc lächelte. Bei diesem starken Wind war es zu gefährlich zu starten, und die Sandstürme des Mittelwestens konnten sich über Hunderte von Quadratkilometern erstrecken. Wenn sie Glück hatten, konnten die anderen Maschinen an diesem Vormittag auch nicht fliegen.

Nachdem sich die beiden Frauen von ihren Männern verabschiedet hatten, bot sich Cassie an, Maisie bei der Tagesarbeit zu helfen.

Maisie lächelte dankbar. »Das ist nett von dir, Cassie, aber heute arbeite ich nicht. Ich habe den heutigen Tag zum Feiertag erklärt. Wir werden uns Kaffee machen und ordentlich schwatzen.«

Amüsiert staunte Cassie über Maisies Vorstellung von einem Feiertag, als sie sich zuerst auf einen Berg Wäsche stürzte. »Wenn ich damit fertig bin, bevor der Sturm losbricht, dann ist mit dem heißen Wind im Nu alles trocken.«

Gewaschen wurde im Hof, mit einem Waschbrett in einem Holztrog, an dessen Rand eine einfache Wringvorrichtung angebracht war. Nachdem die Wäsche auf der Leine hing, gingen sie ins Haus, um rasch den Teig für ein paar Obstkuchen zu machen, während der Rhabarber geschnitten wurde. Cassie fragte sich, was Maisie Turner an Tagen machte, an denen sie wirklich arbeitete. Sie kam sich so überflüssig vor wie Patches, folgte Maisie auf Schritt und Tritt und stand ihr meistens im Weg.

»Wie ich Sie beneide, Cassie!« gestand Maisie, während sie den frisch gekneteten Teig kreisrund ausrollte. »Es muß schön sein, quer durch das Land zu reisen und so viele neue Dinge zu sehen. Du lernst dabei viele fremde Menschen und ihre Lebensweise kennen. Ich wurde hier geboren, und das weiteste, wo ich je gewesen bin, war Scotts Bluff. Das war einmal im Sommer, als ich gerade zwölf war. Ich will mich nicht beklagen, aber abends lese ich ab und zu. Manches, worüber ich gelesen habe, würde ich furchtbar gern sehen.«

Cassie betrachtete Maisies schlanke, über den Küchentisch gebeugte Gestalt.

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