Sturmjahre by Barbara Wood

Sturmjahre by Barbara Wood

Autor:Barbara Wood
Die sprache: de
Format: mobi, epub
ISBN: 9783104002453
Herausgeber: Fischer e-books
veröffentlicht: 2012-01-29T10:42:12+00:00


3

Es war ein schwüler Septembernachmittag, nicht der leiseste Windhauch bewegte die Luft, die faul und stinkend in den Korridoren und Sälen des Krankenhauses hing. Den acht Assistenzärzten, die versuchten, sich auf den Vortrag des Stationsarztes am Bett einer Patientin zu konzentrieren, stand der Schweiß auf der Stirn.

»Die Diagnose in diesem Fall lautet also Asthma, meine Herren«, sagte der Stationsarzt. »Welche Behandlung würden Sie verschreiben, Dr. Weston?«

Einer der Assistenzärzte antwortete: »Marihuana, dreimal täglich.«

»Richtig. Als nächste haben wir eine Frau, die –« Von lauten Stimmen an einem der Nachbarbetten gestört, brach er ab.

»Rühren Sie mich nicht an!« rief eine Frau, die, die Decke bis zum Kinn hochgezogen, aufrecht in ihrem Bett saß und mit entsetztem Blick den Arzt anstarrte, der sich über sie beugte.

»Also wirklich, Madam«, entgegnete der Arzt mit mühsam beherrschter Ungeduld. »Wie soll ich Ihnen denn helfen, wenn Sie sich nicht untersuchen lassen?«

»Sie fassen mich nicht an!«

Dr. Miles richtete sich zornig auf und verdrehte die Augen zur Decke.

Dann trat er einen Schritt näher ans Bett. Die Frau schrie gellend.

»Verdammt noch mal, Sie albernes Geschöpf!« donnerte er. »Entweder tun Sie, was ich sage, oder ich sorge dafür, daß Sie auf der Stelle aus dieser Anstalt entlassen werden.«

Die Frau brach in Tränen aus und vergrub ihr Gesicht in der Bettdecke.

Die jungen Ärzte lachten verstohlen. Samantha löste sich aus der Gruppe und eilte zu der weinenden Frau. Sie setzte sich auf den Bettrand und legte ihr einen Arm um die zuckenden Schultern. »So, so …«

»Er soll mich nicht anrühren«, sagte die Frau schluchzend. »ich würde sterben vor Scham.«

Samantha sah Dr. Miles fragend an. »Was fehlt ihr denn?«

»Woher soll ich das wissen? Das dumme Geschöpf läßt sich ja nicht untersuchen.«

»Niemals!« Die Frau hob ruckartig den Kopf. Ihre Augen blitzten. »Sie glauben, nur weil ich fürs Krankenhaus nicht bezahle, können Sie alles mit mir machen. Aber da täuschen Sie sich. Sie rühren mich nicht an.«

Samantha tätschelte der Frau die Schultern und redete beruhigend auf sie ein. Solche Szenen kamen in der Frauenabteilung täglich vor; Samantha brauchte keine weiteren Erklärungen, um zu wissen, was dieser Patientin fehlte.

Mit der Zeit beruhigte sich die Frau ein wenig. Sie wandte Samantha ihr rundes Gesicht zu. »Sie verstehen mich doch, nicht wahr?«

»Aber ja.« In einer Gesellschaft, die die Frauen in strenge moralische Konventionen einschnürte, in der es schon als unanständig galt, wenn eine Frau nur ein kleines Stück Bein sehen ließ, ertrugen die meisten Frauen lieber ihre intimen Leiden, als sich der Untersuchung durch einen Arzt zu unterwerfen.

»Sie wurde in der Nacht mit akuten Leibschmerzen gebracht«, sagte Dr. Miles gereizt. »Es könnten Wehen sein, aber diese dumme Person weiß nicht einmal, ob sie schwanger ist oder nicht.«

»Glauben Sie, die Schmerzen könnten Geburtswehen sein?« fragte Samantha die Frau freundlich.

»Ich weiß nicht.«

»Haben Sie Kinder?«

»Ja. Neun.«

Samantha überlegte einen Moment. »Wir müssen Sie untersuchen, damit wir feststellen können, was Ihnen fehlt –«

»Nein! Ich laß mich nicht von einem wildfremden Mann anfassen.«

»Ich bin Ärztin. Wie wäre es, wenn ich Sie untersuche?«

Die Frau machte große Augen. »Sie sind Ärztin?«

»Augenblick mal –«

Samantha sah zu Dr. Miles hinauf. »Ich glaube, die Patientin wird sich von mir untersuchen lassen, Doktor.



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