Stephen King by Das Mädchen

Stephen King by Das Mädchen

Autor:Das Mädchen [Mädchen, Das]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-01-07T05:00:00+00:00


S E C H S T E R D U R C H G A N G

Als Trisha aufwachte, san-

gen die Vögel voller Zuversicht. Das Tageslicht war stark und hell, es mußte früher Vormittag sein. Sie hätte sogar noch länger schlafen können, aber das ließ ihr Hunger nicht zu. In ihrem Inneren toste eine große Leere von der Kehle bis ganz hinunter zu den Knien. Und genau in der Mitte tat es weh, richtig weh. Es war, als würde sie irgendwo dort drinnen gezwickt. Dieses Gefühl erschreckte sie. Sie war schon früher hungrig gewesen, aber nie so hungrig, daß es auf diese Weise weh getan hätte.

Sie kroch rückwärts aus ihrem Unterschlupf, der dabei wieder zusammenfiel, stand auf und humpelte zum Bach, wobei sie ihre Hände ins Kreuz preßte. Wahrscheinlich sah sie wie Pepsi Robichauds Großmutter aus, die eine, die taub war und so schlimm Arthritis hatte, daß sie ein Laufgestell benutzen mußte. Granny Grunz, so nannte Pepsi sie.

Trisha ließ sich auf die Knie nieder, stützte sich auf beide Hände und trank wie ein Pferd an der Tränke. Wurde ihr vom Wasser wieder schlecht, was zu befürchten war, konnte sie's nicht ändern. Sie mußte ihren Magen mit irgendwas füllen.

Sie stand auf, sah sich mit glanzlosem Blick um, zog ihre Jeans hoch (sie hatten gut gesessen, als Trisha sie sich vor einer Ewigkeit in ihrem Zimmer im weit entfernten Sanford angezogen hatte, aber jetzt schlotterten sie an ihr herum) und setzte sich dem Bach folgend hügelabwärts in Bewe-173

gung. Sie hegte keine wirkliche Hoffnung mehr, er werde sie aus dem Wald führen, aber sie konnte wenigstens etwas Abstand zwischen sich und Trishas Kotz-Kate bringen; das war zu schaffen.

Sie war etwa hundert Schritte weit gekommen, als die taffe Tussi sich meldete. Hast was vergessen, stimmt's, Herzchen? Heute klang die taffe Tussi zwar auch wie eine müde werdende Tussi, aber ihre Stimme war trotzdem so kalt und ironisch wie zuvor. Ganz zu schweigen davon, daß sie recht hatte. Trisha blieb einen Augenblick mit gesenktem Kopf stehen, die Haare fielen ihr ins Gesicht, dann machte sie kehrt und stapfte mühsam bergauf, zurück zu ihrem kleinen Nachtlager. Unterwegs mußte sie zweimal haltma-chen, damit ihr jagendes Herz sich wieder etwas beruhigen konnte; sie war entsetzt darüber, wie wenig Kraft sie noch besaß.

Sie füllte ihre Wasserflasche, verstaute sie mitsamt den Resten ihres zerfetzten Ponchos in ihrem Rucksack, seufzte den Tränen nahe über sein Gewicht, als sie ihn auf den Rücken nahm (das verdammte Ding war doch praktisch leer, um Himmels willen), und brach wieder auf. Sie ging langsam, jetzt mit fast schwerfälligen Schritten, und obwohl sie in abfallendem Gelände unterwegs war, mußte sie ungefähr alle Viertelstunde stehenbleiben und rasten. Sie hatte pochende Kopfschmerzen. Die Farben ihrer Umgebung wirkten alle zu grell, und als ein Eichelhäher auf einem Ast über ihr seinen Warnruf ausstieß, war es wie Nadeln in ihren Ohren. Sie stellte sich vor, Tom Gordon sei bei ihr und leiste ihr Gesellschaft, und nach einiger Zeit brauchte sie sich das nicht mehr vorzustellen. Er ging neben ihr her,



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.