Sommer der Träume by Vicki Parker

Sommer der Träume by Vicki Parker

Autor:Vicki Parker [Parker, Vicki]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2015-06-16T16:00:00+00:00


Schon von außen sah das neue Steh-Restaurant anders als andere aus. Mitten im stadtnahen Altbauviertel des Hamburger Umlands lag es, in einer schmalen, gemütlichen Schlenderstraße, umgeben von Trödlern und Tante-Emma-Läden, einem Bildhauer-Atelier im Hinterhof, einer Goldschmiede-Werkstatt und der altmodischen Schuhmacherei.

„Quincy“ stand in pinkfarbenen Leuchtbuchstaben am Kellereingang, und wer „Quincy“ war, fragte niemand, denn natürlich hieß das zwei Meter große, rabenschwarze, mit Speckrollen übersäte Riesenschwein so, das im Schaufenster lag. „Quincy“ schlief immer, weil sein Erfinder und Schöpfer, der unbekannte Bildhauer aus dem Hinterhof, sich noch nicht zutraute, Schweinsaugen zu formen und täuschend echt zu bemalen.

„Die Sau bringt uns Glück!“

Das hatten die drei Mutigen sofort gewusst, als sie „Quincy“ ganz zufällig während ihrer Suche nach einem geeigneten Kellerraum für ihr geplantes „Edel-Imbiss/Steh-Restaurant“ entdeckten. Nach verzückten Blicken auf das schwarze Borstenvieh und der Feilscherei mit seinem „Vater“ hatte Ulrike den romantischen Hinterhof abgesucht, verschmutzte Kellerfenster registriert und gefragt: „He, Meister, sind die Räume etwa leer?“

Eine halbe Stunde später hatten sie Hausbesitzer Ohlsen rausgeklingelt, der nun nicht länger den Tag verfluchte, an dem ihm sein Onkel das schäbige, alte Haus vermacht hatte, denn nun kassierte er ja bald Miete für ein dreckiges Loch, in dem sich bisher nur streunende Katzen eingefunden hatten, um dort ihre Babys zu bekommen.

„Dreihundert Euro im Monat“, hatte er verlangt. „Souterrains in dieser Lage sind nun einmal begehrte Objekte …“

Und die Kesseste der drei Mutigen, Ulrike, hatte ihn mit grünen Nixenaugen angeblitzt, ihre blonde Mähne in den Nacken geworfen, die wunderschönen Lippen verächtlich geschürzt und gesagt: „Sie gottverdammter Halsabschneider! Aber dafür, dass wir Ihren Karnickelstall auf Vordermann bringen, verlangen wir mindestens einen Mietvertrag über zwanzig Jahre.“

Ohlsen mochte keine Frauen, die fluchten, schon gar keine, die sich erdreisteten, Männern Widerworte zu geben, noch weniger, falls das überhaupt möglich war, solche, die ihre schmalen Hände kampfeslustig in die Hüften stemmten. Er stimmte zu, nur um sie los zu sein.

Ja, die Sau hatte ihnen tatsächlich Glück gebracht! Drei Monate lang schufteten Ulrike, genannt Uli, und ihre Freunde Nele und Joschi nun schon beinahe Tag und Nacht, stemmten morsche Böden auf, legten Leitungen frei, stritten sich über Fliesen und Wandverkleidungen, bekamen halbe Nervenzusammenbrüche, schworen, sich für ein Leben lang zu trennen … und wurden doch fertig.

Zur Eröffnung des „Quincy“ in der letzten Woche hatten sie nachts Handzettel in Briefkästen geworfen und in Kneipen verteilt. „Jetzt lassen wir die Sau raus!“, stand darauf, und das gefiel den Anwohnern wohl, denn sie kamen in Scharen. Omis und Opis, Hausfrauen und Geschäftsleute, Kinder und Halbwüchsige stürzten sich auf Scampi in Knoblauch und Pizza-Vierecke.

Joschi, ein Dreißigjähriger mit abgebrochenem Jurastudium, dezent langmähnig und heimlich in Uli verliebt, mixte an der stromlinienförmigen, kleinen Bartheke grün-lila Drinks, die selbst den stärksten Mann umhauen mussten. Nele, zweiunddreißig, geschieden und gerade in ihrer „Nie-wieder!“-Phase, kochte in der offenen Küche, und Uli, sechsundzwanzig Jahre, servierte.

„Mann, das ist echt super!“, lobte ein Knirps von etwa acht Jahren. „Kann ich morgen auch ohne Geld was kriegen? Weil … meine Mutter ist doch mittags noch im Büro, und Kohldampf hab ich immer.“

Vielleicht war es unüblich, am Eröffnungstag großmütige Versprechungen zu machen.



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