Sommer 1927 (German Edition) by Bill Bryson

Sommer 1927 (German Edition) by Bill Bryson

Autor:Bill Bryson [Bryson, Bill]
Die sprache: deu
Format: epub, azw3, mobi
Herausgeber: Goldmann Verlag
veröffentlicht: 2014-10-17T16:00:00+00:00


Neunzehntes Kapitel

Vor den zwanziger Jahren war Florida für seine Zitrusfrüchte und sein Terpentin bekannt gewesen, aber für nicht viel mehr. Einige reiche Leute verbrachten dort den Winter, aber sonst zog kaum jemand den Bundesstaat als Reiseziel in Erwägung. Doch dann entdeckte die breite Masse der Amerikaner die Vorzüge von Floridas Klima und die Schönheit seiner Strände, und mit einem Mal war es begehrt. 1925 schaffte Florida die Einkommen- und die Erbschaftssteuer ab, wodurch es noch attraktiver wurde. Die Menschen strömten in Scharen in den Bundesstaat und lösten einen heftigen und zunehmend absurden Immobilienboom aus.

Ein Grundstück in Miami, das vor dem Boom 800 Dollar gekostet hatte, ließ sich jetzt für 150 000 Dollar veräußern. Eigentumsurkunden von Immobilien wechselten manchmal zwei- oder sogar dreimal am Tag den Besitzer, als fieberhafte Käufer versuchten, durch Handeln zu noch größerem Reichtum zu gelangen. Manche eifrigen Käufer erwarben sogar Grundstücke unter Wasser in der hoffnungsvollen Erwartung, dass sie bald durch das Wunder der Geländeauffüllung zu begehrten Strandgrundstücken werden würden. (Was zugegebenermaßen in manchen Fällen tatsächlich eintrat.) Der Miami Herald enthielt so viele Immobilienangebote, dass eine Sonntagsausgabe 504 Seiten umfasste.

Einer von denjenigen, die es nach Florida zog, war Yankees-Besitzer Jacob Ruppert. Ruppert kaufte 4000 Hektar Grund in der Tampa Bay in der Absicht, darauf ein Urlaubsresort mit dem bescheidenen Namen »Ruppert Beach« zu errichten, das es mit Coral Gables oder Palm Beach aufnehmen konnte. Deshalb verlegte er das Frühjahrstraining 1925 ins nahegelegene St. Petersburg. Zunächst waren die Bedingungen ein wenig rau. Bei einem Training konnte Babe Ruth seine Position auf dem Spielfeld erst dann einnehmen, als ein Platzwart einen Alligator zurück in den Sumpf hinter dem (nicht eingezäunten) rechten Spielfeldrand scheuchte. Ruppert bedachte das Bauprojekt mit einem einprägsamen Slogan – »Wo jeder Atemzug Gesundheit bringt und jeder Augenblick Freude« – und versprach, dass es sich um die beste Anlagemöglichkeit an der Golfküste handle. Im Frühjahr 1926 warb Ruppert Beach mit Bauplätzen ab 5000 Dollar – »vorerst«.

Dann ereignete sich eine Katastrophe. Am 18. und 19. September 1926 fegte ein heftiger Hurrikan über Florida hinweg, der erste von bemerkenswerter Stärke seit zwanzig Jahren, und machte Miami Beach und vieles dahinter dem Erdboden gleich. 415 Menschen kamen ums Leben, 18 000 wurden obdachlos. In ganz Florida brach der Immobilienmarkt zusammen, auch dort, wo der Sturm nicht zugeschlagen hatte. Der Geschäftsmann Carl Fisher aus Indiana, der den Boom mehr oder weniger ausgelöst hatte, musste zusehen, wie sein Vermögen von 500 Millionen Dollar auf weniger als 50 000 Dollar schrumpfte. Jacob Ruppert traf es ebenfalls hart. Nachdem der Sturm wieder abgezogen war, blieben ihm, einem Zeitzeugen zufolge, nur noch »4000 Hektar Alligatoren und Möwen«. Ruppert Beach wurde nie gebaut.

Als Folge des Hurrikans ging Ruppert in finanziell vorsichtiger Stimmung ins Jahr 1927 und mit gesteigertem Respekt für die Ertragskraft von Amerikas neuester Leidenschaft, dem Boxsport.

Überraschenderweise war der Boxsport ein Phänomen der zwanziger Jahre. Wenngleich sich die Menschen seit über 200 Jahren in Boxringen herumprügelten, besaß das Profiboxen in den Zwanzigern drei Attribute, über die es davor nicht verfügt hatte: Ansehen, Massenattraktivität und Jack Dempsey.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.