Erde by Brin David

Erde by Brin David

Autor:Brin, David [David, Brin,]
Format: epub
veröffentlicht: 2010-09-08T16:03:47.015000+00:00


Als sich seine Verpflichtungen ausweiteten und ihn von den geregelten Teichen und Springbrunnen der Recyclingkuppel in das Regenwaldhabitat und die abgeschlossene Ebene führten, wo Riesenantilopen ihre Beine unter verstärkten Kristallscheiben reckten, begleiteten ihn die beiden Paviane wie Höflinge einen Prinzen. Oder, noch eher, wie Lehrlinge ihren Hexenmeister. Denn überall, wohin Nelson sich begab, ereigneten sich magische Dinge.

Ich spreche ein Wort, und Licht erstrahlt, dachte er, wenn er seine nächtlichen Runden machte. Noch ein Wort, und Wasser steigt empor, damit die Tiere trinken.

Stimmempfindliche Computer machten das natürlich möglich. Aber selbst raffinierte Systeme waren nicht gut genug, einen Platz wie diesen zu betreiben. Nicht ohne menschliche Expertise.

Oder wo die nicht verfügbar ist, müssen wir blinde Vermutungen einsetzen, he?

Nelson reagierte auf diese Flut von Beförderungen mit Freude, gemischt mit Irritation.

Schließlich weiß ich doch gar nichts!

Gewiß, er schien es sagen zu können, wenn gewisse Tiere zu erkranken drohten oder wenn bei Luft oder Wasser etwas repariert werden mußte. Er hatte eine Fertigkeit, oben angebrachte Filter so einzustellen, daß das Gras richtig wuchs; aber alles, was er hatte, waren Vermutungen. Er besaß Talente, von denen er damals im übervölkerten Yukon nie geträumt hätte. Aber Talent war ein kümmerlicher Ersatz für das Wissen dessen, was man tat!

Also oblag Nelson seinen Pflichten als verwirrter Hexenmeister. Er zeigte auf Leitungen und befahl ihnen, sich zu öffnen. Er schickte gedrungene Roboter auf Botengänge, rieb und prüfte Blätter… Dabei machte er sich immer Gedanken darüber, daß er diese Gabe nicht verdient hatte. Es war wie ein großer Ulk, den eine launische märchenhafte Großmutter angestellt hatte. Da er nicht wußte, woher es kam, schien es jederzeit widerrufbar zu sein.

Bei seiner Lektüre stieß er auf einen anderen Ausdruck – ›idiot savant‹ – und empfand eine brennende Scham in dem Verdacht, daß sie auf ihn gemünzt sein könnte.

Ein menschliches Wesen weiß, was es tut. Welchen Sinn hätte es sonst, menschlich zu sein?

So ging er seine Runden – nickend und auf den Knopfsspieler in seinem linken Ohr lauschend. Jeden Moment, den er erübrigen konnte, studierte Nelson. Und je mehr er lernte, desto schmerzlicher wurde er sich seiner Unkenntnis bewußt.

Shig und Nell waren hilfreich. Er brauchte nur auf eine Frucht zu zeigen, und schon kamen sie damit angerannt. Welche genetische Magie hatte bewirkt, daß sie so schnell verstanden?

Oder vielleicht bin ich es eben. Vielleicht bin ich teilweise ein Affe.

An diesem Abend waren beide Paviane matt, als er sie mit ungewöhnlicher Intensität die Runden machen ließ. In Nelsons Kopf wirbelten die Gedanken.

Mit Bildern der Oberschule… den Sportmannschaften und den Gangs… Kooperation und Wettstreit.

Bilder seiner Eltern, Seite an Seite bei schwerer Arbeit, wie sie sich lange Stunden abmühten, damit ihr Geschäft gedieh… Wettstreit und Kooperation.

Bilder von Zellen und Körpern, Species und Planeten.

Kooperation und Wettstreit. Sind die wirklich gleich? Wie kann das sein?

Manchen erschien der Konflikt inhärent. Man nehme die Ökonomie! Der weiße Immigrant Dr. B’Keli hatte Nelson Texte gegeben, die unternehmerischen Kapitalismus priesen, in dem das Streben nach individuellem Erfolg erfolgreich Güter und Dienste lieferte. ›Die unsichtbare Hand‹ war der vor langer Zeit von Adam Smith, einem Schotten, geprägte Ausdruck.



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