So, wie die Hoffnung lebt Roman by Susanna Ernst

So, wie die Hoffnung lebt  Roman by Susanna Ernst

Autor:Susanna Ernst [Ernst, Susanna]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783426438688
Herausgeber: Knaur e-books
veröffentlicht: 2015-11-10T16:00:00+00:00


Unmittelbar nachdem Julius und Tammy die entsprechende Meldung gemacht hatten, brach das Chaos aus. Zunächst wurde uns ein zusätzlicher Vollzeitbetreuer zugeteilt. Wir Kinder gingen davon aus, dass es bei dieser einen Veränderung bleiben würde, und vielleicht wäre es auch so gekommen, hätte sich nicht eine der Lokalzeitungen auf Shannons Fall gestürzt. Der Skandal um die Schwangerschaft der Fünfzehnjährigen im ortsansässigen Kinderheim wurde in aller Ausführlichkeit beleuchtet und breitgetreten.

Bei dem öffentlichen Druck, der aus diesem Artikel resultierte, waren selbst Ruby die Hände gebunden, und sie stimmte, genau wie die anderen Verantwortlichen, dafür, als es um eine grundlegende Neueinteilung des Heims ging. So wurde beschlossen, dass Tammy und Julius von nun an eine Gruppe von maximal zwölf Kindern eines Geschlechts in der alten Villa betreuen durften. Weiterhin wurde der Beschluss gefällt, dass sie sich auf Jungen spezialisieren sollten. Die Mädchen wurden binnen drei Wochen nach dieser Entscheidung in anderen Heimen überall in Kalifornien untergebracht.

Keiner kann sich vorstellen, wie schwer Katie und mir der Abschied voneinander fiel. Während ich mich zunächst auflehnte und dann – als aller Protest nichts brachte – in eine Art lethargische Starre fiel, weinte sie schon Tage vor ihrer Abreise unentwegt.

Sie lebte fortan in einem reinen Mädchenheim in einem Vorort von San Francisco. Kaum dort angekommen, berichtete sie Milow und mir in verzweifelten E-Mails, wie unwohl sie sich dort fühlte und wie gemein die anderen Mädchen zu ihr wären.

Zwei Monate nach ihrem Auszug bekam ich das Angebot, gemeinsam mit Milow in eine betreute WG zu ziehen. Obwohl ich damals noch keine sechzehn und damit über ein Jahr jünger war als die anderen Jungen, die diesen Schritt gehen durften, konnten Julius, Tammy und Ruby ihre Entscheidung mit meiner überdurchschnittlichen Reife begründen und schließlich auch durchsetzen.

Milow und ich bezogen mit zwei weiteren Jungen eine eigene Wohnung und besuchten nun eine öffentliche Schule. Ich stand unmittelbar vor meinem Highschool-Abschluss und wurde bei jedem von Rubys Besuchen angehalten, mich endlich für ein College-Stipendium zu bewerben.

Jeden Tag schrieben Katie und ich uns E-Mails oder telefonierten miteinander. Und während ich es eigentlich sehr gut getroffen hatte, strotzten ihre Nachrichten weiterhin vor Verzweiflung. Sie schrieb sogar von tätlichen Übergriffen zwischen den Mädchen und davon, dass sich die Betreuer so gut wie gar nicht um diese Art Konflikte scherten. Ich wusste weder, wie ich Katie trösten sollte, noch, wie ich ihr aus der Ferne helfen konnte. Außerdem fehlte sie mir so unsagbar, dass ich es schon nach kurzer Zeit nicht mehr aushielt.

Bis heute erinnere ich mich gut an die entscheidende E-Mail von damals, mit der ich alles einleitete. Ich schrieb sie an meinem sechzehnten Geburtstag und las sie mir bestimmt dreißig Mal durch, bevor ich sie endlich abschickte.

Von: Jonah Tanner

An: Katelyn Christina Williams

Gesendet am: 30. Mai 1998, 05:27 p.m.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.