Sex and the Dorf by Kaufhold Julia

Sex and the Dorf by Kaufhold Julia

Autor:Kaufhold, Julia [Kaufhold, Julia]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Goldmann
veröffentlicht: 2015-06-21T16:00:00+00:00


≈ 15 ≈

Moin!«, ruft Geert-Helge und knallt wie jeden Vormittag um halb elf seine Aktentasche auf den Schreibtisch. Dann reißt er das Fenster auf, streckt seinen Kopf raus und macht »Aaah«.

Und wie jeden Vormittag halte ich die Papiere auf meinem Schreibtisch fest und warte, bis mein Chef entweder das Fenster oder die Bürotür geschlossen hat.

»Heute arbeiten wir bei Durchzug. Ich hab Schädel. Das letzte Bier gestern war schlecht.« Er stülpt seine Jackentaschen um, eine nach der anderen, zahllose Zettel und Bons segeln auf den Boden. Fällt gar nicht auf, der Teppich ist eh eine einzige Müllhalde. Schließlich zieht er aus der Innentasche seines Anoraks einen großen, unförmigen Stein. »Von Pellworm. Damit die Blätter nicht wegfliegen. Und falls dir kalt wird …« Er reicht mir eine schwarze Fleecejacke, an der so viele kurze graue Haare hängen, dass Geert-Helge eigentlich kahl sein müsste.

Ich lege die Jacke über das graue Computer-Etwas unter meinem Tisch, platziere den Stein auf meinen flatternden Unterlagen und denke: Na toll.

Warum wehrst du dich nicht, Carolin Punke?

Indem ich Geert-Helge das Fenster vor der Nase zuschlage?

Zum Beispiel.

Unten auf der Straße ertönt ein Heulen.

Geert-Helge beugt sich vor und brüllt: »Na, Heini, alles fit? – Aua.« Seine Stimme hickst, er fasst sich in den Stoppelschnitt. »Heute lassen wir’s mal etwas gemütlicher angehen. Übrigens«, er lässt sich auf seinen Stuhl fallen, »Kompliment. Hätte ja nicht gedacht, dass sich eine aus’er Stadt so gut mit der Getreideernte auskennt.«

Wie gesagt, über manche Komplimente kann man sich nicht so recht freuen.

»Dagegen ist das, was ich heute mit dir vorhabe, Pillepalle.« Er stützt sein Kinn auf die Handfläche und schiebt mit seinem kleinen Finger die Haare über seiner Oberlippe hin und her. »Wie du weißt, laufen die Vorbereitungen fürs Schützenfest auf Hochtouren, und heute wird das Grün für die Pforten geholt. Das ist doch mal ein Thema!«

»Was? Ich meine, was wird da geholt?«

Geert-Helge guckt mich einen Moment lang an, dann bricht er in Lachen aus: »Der war nicht schlecht!« Sein rechtes Auge will gar nicht mehr aufhören zu zwinkern. »Klingel einfach bei allen. Die Pfähle lagern bei Onno.«

Unschlüssig sitze ich am Schreibtisch und presse den grauen Knetradiergummi auf die Platte.

»Hör dich um, frag nach, und wenn du schon mal dabei bist, kannst du auch gleich alle noch mal ans Grün erinnern. Am besten wird’s wohl sein, du koordinierst den Ablauf.« Er zieht seine Schuhe aus. »Nee, was hab ich für’n Glück, eine so gut organisierte Mitarbeiterin zu haben.«

Geh doch selbst! Das sollte ich sagen und dabei auf den Tisch hauen. Ich sollte verdammt noch mal in der Lage sein, dieser Witzfigur von einem Chef Paroli zu bieten. Böse funkele ich ihn an. Geert-Helge hat den Kopf in den Nacken gelegt und die Augen geschlossen.

Jetzt malträtiere ich den Radiergummi mit meinen Fingernägeln. Ha, den nehme ich mit und vernichte endlich das blöde Redaktionskreuz auf meinem Büttelsbüttelplan. Das hier ist definitiv kein schöner Ort!

»Tja, aufm Dorf«, sagt Geert-Helge, und seine Augen sind noch immer zu, »sind die Einsatzgebiete einer Redakteurin eben vielfältiger als bei den Sesselpupsern in der Stadt.



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