Sarum by Edward Rutherfurd

Sarum by Edward Rutherfurd

Autor:Edward Rutherfurd
Die sprache: eng
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 2012-02-11T23:00:00+00:00


Auf dem Gelände der Kathedrale spielte sich an jenem Morgen eine traurige Szene ab. Osmund, der Steinmetz, konnte wirklich nur noch in ungläubigem Staunen über die eben erfahrene Kränkung die Luft anhalten, als er seinem Sohn gegenüberstand.

»Du willst mir also mitteilen, daß ich nicht mehr in der Kathedrale arbeiten darf?«

Edward Mason nickte verlegen. »Die Zunft hat es so beschlossen«, gab er zu.

Einen Augenblick lang konnte Osmund nicht sprechen, bis er endlich schrie: »Aber warum denn?«

Seit der Vollendung des Kapitelsaals und des Kreuzgangs hatte Osmund seinen Frieden gefunden. Seine wundervollen Reliefs hatten ihm Anerkennung gebracht. Der Zwischenfall mit Cristina, die inzwischen längst den Sohn Williams atte Brigge geheiratet hatte, war allmählich vergessen. Und der Steinmetz war froh, mit dem Beginn des Turmbaus wieder eine Aufgabe zu haben.

Etwas allerdings machte ihm Sorgen. Der Turm hatte keine Strebepfeiler, keine Außenstützen, um die Mauern aus Stein und Bruchstein zusammenzuhalten .

»Wenn sie höher sind, stürzen sie ein«, gab er den Domherren zu bedenken. Seine Befürchtungen waren begründet. Genaue Pläne wurden angefertigt, und Osmund war erst beruhigt, als ein Fachmann ihnen zeigte, was man’ tun sollte.

»Wir umwickeln den ganzen Turm rundum mit Eisenbändern, die wir mit dicken Bolzen in der Mauer befestigen«, erläuterte der Mann. Und genau so machten sie es; während des Aufmauerns wurde der graue Chilmark-Stein mit starken Eisenbändern befestigt.

Osmund liebte diese eigene Welt des in den Himmel ragenden Turms. Er selbst war zufrieden. Seine beiden Töchter waren verheiratet. Der einzige Stein des Anstoßes in den letzten Jahren war die Tatsache, daß sein Sohn mit König Eduard in die walisischen Kriege gezogen war. Edward Mason hatte herausgefunden, daß er mit seinen kurzen starken Fingern geeignet für die Kunst des Bogenschießens war. Er war in Ehren und mit einem Beutel voll königlicher Silbermünzen aus dem Krieg zurückgekehrt. Die Begabung seines Sohnes für das Langbogenschießen mißfiel Osmund sehr.

»Du bist ein Steinmetz«, erinnerte er ihn. Obwohl Edward seine Kunst in seiner Freizeit oft auf dem Schießstand außerhalb der Stadt übte, hatte Osmund ihm nie dabei zugesehen. Als es schließlich an der Zeit war, ihn in die Zunft der Meistersteinmetzen aufzunehmen, tat Osmund es nur widerwillig.

Er war jetzt neunundfünfzig. Er und seine Frau waren immer noch gesund, und er hatte noch alle Zähne bis auf drei. Doch kürzlich war eine Wandlung mit ihm vorgegangen.

Zuerst gab er seiner Frau die Schuld. Wenn auch ihr schmaler Körper alt wurde, erwies er ihr immer noch die gewohnheitsmäßigen Gefälligkeiten, wofür sie ihm, gelegentlich zumindest, dankbar war. Kürzlich jedoch hatte er festgestellt, daß sein Körper nicht mehr so funktionierte wie früher. Zunächst sagte er sich, es komme daher, daß ihn seine Frau nicht mehr interessierte, doch im Lauf der Monate mußte er sich eingestehen, daß diese Erklärung nicht ausreichte. Er merkte, daß sein Körper ihn allmählich im Stich ließ.

Osmund hatte sich angewöhnt, bei der Arbeit unaufgefordert zwischen den übrigen Steinmetzen umherzugehen, sie zu überwachen und barsch zurechtzuweisen. Wenn auch alle Steinmetzen ihn als den besten Bildhauer anerkannten, nahmen sie ihm seine Kritik bald übel. Oft tadelte er seinen eigenen Sohn öffentlich wegen eines



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